Yin und Yang in Belek
TUI: Wie Deutschlands größter Reisekonzern gegensätzliche Urlaubswünsche in einem neuen Hotelkonzept namens Puravida vereinen will. Ein Besuch in der Türkei.
Lärmiger Club oder ruhiges Strandhotel, der Urlauber hat's bei der Wahl seines Domizils nicht leicht. Mal das eine, mal das andere, je nach Tagesform, das wäre doch was. Richtig, sagt auch die TUI – und hat ein neues Hotelkonzept kreiert: Puravida. Mitte Mai präsentierte Deutschlands Reise-Marktführer die neue Marke in der Türkei.
Ankunft im Puravida Resort Ela Quality & Spa in Belek, 35 Kilometer östlich von Antalya. Wir betreten ein imposantes, vier Jahre altes Fünf-Sterne-Haus mit 583 Zimmern, natürlich direkt am Meer gelegen. Die Architektur: gehoben landestypisch. Die minimalistischen Puravida-Logos in Oliv (für Pura) und Lila (für Vida) wirken hier noch ein wenig verloren.
TUI-Managerin Stefanie Schulze zur Wiesch erklärt das Konzept. Mit der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung habe man den Reisemarkt neu vermessen und eine lukrative Zielgruppe identifiziert: weltoffene Menschen mit hohem Bildungsniveau und gehobenem Konsumstil. Ob Singles, Paare oder Familien – sie alle gehören dazu und sollen sich künftig in den Puravida-Resorts tummeln. Jeder so, wie es ihm passt: Hier Ruhe und Wellness, dort Action und Sport. Yin und Yang im Hotelbusiness. Man könne bei dieser Klientel nicht „jeden Tag das gleiche Programm durchziehen“. Und in den dezent renovierten Zimmern gebe es natürlich „keine Plastikmöbel auf dem Balkon“. Klar sei auch: All-Inklusive sei das Richtige. Vor allem Familien, also die Hälfte der Zielgruppe, blieben so von „permanenten Zusatzkosten“ verschont.
Jetzt geht's raus, auf das 110 000 Quadratmeter große Gelände. Man wolle, so die TUI-Managerin beim Besichtigungsspaziergang, „scheinbar unterschiedliche Urlaubsbedürfnisse“ in einem Hotel zusammenbringen. Wichtig sei dabei „die klare Trennung der beiden Bereiche“. Die Pura-Zone etwa bietet Open-Air-Yoga, schattige Sunbeds und Hängematten am Pool oder einen Barfußweg. Dazu Easy-Listening-Musik passend zum Soundkonzept, der Gast soll nicht von einem plärrenden Radio genervt werden.
Die Vida-Zone wird vom „VIDAdventureland“ dominiert. In der Tat wird für die Kleinen eine Menge geboten. Im „VIDAdventureland“ gibt's Wasserrutschen, Computerspiele – und drei Kinderkinos in den Sprachen Englisch, Deutsch, Russisch. Rundum-Betreuung und eine Art Kinder-Kantine mit passenden Sitzmöbelchen eingeschlossen. Im „Tipi-Village“ kann dann der Papa mal mit seinem Sprössling eine Nacht im Zelt verbringen. Immerhin: Die Hälfte der Zielgruppe machen Familien mit gehobenen Ansprüchen aus. Puravida biete, so Schulze zur Wiesch, die „ideale Urlaubsform für Eltern, die qualitativ hochwertige Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen“. Und bei der anspruchsvollen Klientel müsse auch „das Angebot bei F und B stimmen“. Bei was? F und B steht für Food und Beverage, für Essen und Trinken also. Hier hat der Gast die Auswahl zwischen über einem Dutzend Angeboten, darunter sieben A-la-Carte-Restaurants (mit regionalen Bioprodukten). Bis auf eine Reservierungsgebühr von acht Euro alles im Preis drin. Reicht nicht? Dann ab ins „First Date“-Restaurant. Das bietet zu gehobenen Preisen französische Küche – und die gewünschte Exklusivität.
Und wem auch an der Bar All-Inklusive nicht exklusiv genug ist: Die „Deluxe“-Getränkekarte bietet Möglichkeiten zur Abgrenzung. Etwa ein Glas Hennessy X.O. Cognac für 38 Euro oder eine Flasche Château Petrus Jahrgang 1997 für 9000 Euro. Ähnlich ambitioniert die Preisgestaltung der Spa-Anwendungen. Doch das muss ja alles nicht sein, das „Ela“ ist ein gutes Fünfsterne-Resort, es fehlt im Prinzip an nichts. Und wem das doch mal zu eintönig wird, der kann sich eine der Holz-Garnituren am Strand reservieren und abends selbst den Grill anschmeißen, Fleisch und Holzkohle werden gern vorbeigebracht. „Adventure Barbecue“ heißt das dann.
Neben dem Ela Quality Resort hat im Mai ein neu gebautes Puravida-Hotel auf der griechischen Insel Kos eröffnet. Weitere sollen folgen. Neue, innovative Hotel-Marken seien TUIs Antwort „auf den Umbruch des Reisemarktes“, so TUI-Chef Volker Böttcher Anfang des Jahres.
Eines aber hat auch die TUI nicht im Griff: das Wetter. An diesem kühlen und windigen Mai-Tag peitschen hohe Wellen gegen den aus Sicherheitsgründen gesperrten Pier des Puravida-Resorts – die Vida-Abteilung hat ihre Aktivitäten heute komplett ins Hotelinnere verlegt. Macht nichts, umso mehr Platz und Ruhe für puren Naturgenuss. Und das Meer riecht gut heute.
http://www.mainpost.de/ueberregional/reise/o9/art102373,6167742