Eine türkische Hochzeit
Wie hatten nun also ein Einladung zu einer Hochzeit bekommen, die Feier sollte aber nicht im Dorf sonden in einem Hochzeitssalon in der Stadt stattfinden.
Am frühen Abend machten wir uns mit unseren Freunden auf den Weg und trafen als eine der ersten Gäste ein. Ich fand das etwas unpassend, aber so sicherten wir uns die besten Plätze.
Das Musiker-Duo war noch dabei seine Instrumente, eine Hammond-Orgel und eine Saz zu stimmen und die Technik abzugleichen. Auf den Tischen wurden Plastiktelle mit etwas Gebäck und Knabbereien (Nüsse, Pistazien etc.) verteilt. Gegen den Durst wurden im Laufe des Abends mehrmals Trinkpäckchen mit Pfirsich-und Kirschsaft verteilt
Der große Saal füllte sich bald mit um die 200 Personen. Überwiegend waren es Frauen, die meisten Männer zogen vor, draußen zu bleiben. Insgesamt waren bestimmt zwischen 300 und 400 Personen anwesend.
Was mich amüsierte war, das die Frauen fast alle ihre mitunter recht große Handtaschen auf die Tische legten. Es sah teilweise auf den Tischen aus wie in einem Taschenladen.
Nach etwa einer Stunde kam unter lauten Gehupe das Brautpaar mit dem mit einer überdimensionalen roten Schleife geschmückten Auto ein. Im Saal wurde ein kleines Feuerwerk gezündet und unter großem Applaus trat das Brautpaar ein und durfte gleich die ersten Runden auf der Tanzfläche drehen.
Auf der Bühne standen neben den Musikern ein Tisch und zwei mit rotem Samt bezogene Stühle, wo die Brautleute Platz nahmen. Zudem war ein Conférencier (oder wie man ihn nennen will) anwesend, der das Paar begrüßte, und jeweils zu den diversen Tänzen aufforderte. Außerdem machte er zwischendurch ein paar kleine Späße, die von den Gästen wohlwollend applaudiert wurden. Ich weiß nicht, ob dieser Redner jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis des Paares war. Ich vermute es, denn bei einer anderen uns bekannten Hochzeit hatte ein Nachbar diesen Part übernommen. Vielleicht gehörte er auber auch zu den Musikern, keine Ahnung. Ein Fotograf und ein Mann mit Filmkamara waren den ganzen Abend unentwegt im Einsatz und wichen den Paar nicht von der Seite.
Und dann ging es richtig los!
Das Kleid der Braut war der Traum aller kleiner Mädchen, die ein Mal Prinzessin sein möchten. Über und über mit Rüschen und Tüll glitzerte es wie als sei es mit funkelnden Kristallspittern überzogen. Glitter auch im Haar der Braut und auch das Haar des frisch gebackenen Ehemannes blitzte und funkelte nur so.
Die Musik spielte auf und der Conférencier forderte zu Tanz auf. Zuerst tanzte das Paar mit der Familie, dann mit sie mit ihren Freundinnen, danach er mit seinen Freunden. Die leute aus dem Dorf A. wurden aufgerufen, dann die Leute aus dem Dorf B., dann wieder tanzten nur die Geschwister, dann alle Kinder, die Kollegen des Bräutigams und so zog es sich den ganzen Abend fort.
Die Musik hörte sich in unseren Ohren erst mal ähnlich und fast eintönig an, war doch der Takt immer der gleiche. Aber die Tänze waren alle verschieden, zwar der gleiche Rhytmus, aber es gab immer wieder Bewegungen die anders waren. Beeindruckend waren die Tänze der Männer, die mich (man möge mitr verzeihen) an das Balzverhalten verschiedener Tiere erinnern. Geradezu animalisch wirbelten sie mit ausgebreiteten Armen umeinander herum.
Aber es sah toll aus und was das Gefühl zur Musik und zum takt angeht, bekommen die Babies das schon mit in die Wiege gelegt. Da bewegte sich niemand steif und ungelenk. Da wurde Lebensfreude pur an den Tag gelegt.
Von den Kindern war ich ebenfalls seht angetan. Zum Teil superschick im Rüschenkleid oder im kleinen Anzug zeigten schon die kleinsten was sie drauf hatten. Und noch nie habe ich 10-11jährige Jungen gesehen, die mit so einer Selbstsicherheit und Selbstverständlichkeit tanzten.
Lebensfreude pur und das Motto "Was kostet die Welt" wurden immer wieder symbolisch durch das Werfen von Geldscheinen bekundet.Immer wieder liefen jemand von der Hochzeitsgesellschaft durch die tanzende Menge, wedelte mit einem oder mehreren Gescheinen, schmeichelte damit der der Braut und dem Bräutigam und warf das Geld auf den Boden. Flinke und wachsame Aufpasser sammelten es gleich auf und verstauten es in ein Tasche auf der Bühne oder in das Beutelchen der Braut. Ich habe gesehen, wie ein junger Mann einer Frau einen Schein unters Kopftuch schob, worauf hin sie versuchte das Geld in seinen Hemdkragen zu versenken. Es ging lustig zu!
Nun war es auch an der Zeit, Geschenke an das Brautpaar zu verteilen. Goldene Armreifen oder anderer Schmuck für die Braut, Çeyrek Altın (kleine Goldmünzen) und natürlich Geld. Bisher kannten wir es nur, dass man dem Paar da Geld an die Kleidung ofer einen extra dafür umgelegtem Band anheftet, Diesmal stand die Schwester der Braut daneben und nahm das Geld in Empfang und vertaute es sorgfältig in den Brautbeutel. Der Conférencier verkündete jedesmal lautstark, wer was gegeben hatte. Fast jeder gab mindestens yüz Milyon (100 Mio.)
Die Braut als Hauptperson war natürlich besonders hübsch anzusehen, aber auch einige Gäste hatten sich besonders herausgeputzt. Die Freundinnen der Braut sahen allesamt aus, asl seien sie einem Model-Magazin entsprungen. Tolle Figur, tolle Kleider und High-Heels. Kaum vorstellbar, dass es Mädchen aus dem Dorf waren, dass wir wenige Tage zuvor besucht hatten.
Ein weiteres Feuerwerk kündigte die 7-stöckige Hochzeitstorte an, die nun vorsichtig in den Saal gebracht wurde.
Der Bräutigamm steckte einige Geldscheine an die Torte, denn der Konditor bekundete, das sonst das Messer nicht schneiden würde.
Feierlich schnitt das Paar die Torte an, fütterte sich unter dem Applaus der Gäste gegenseitig damit. Dann wurde die Torte wieder in die Küche gebracht, zerteilt und an die Gäste verteilt. Danach löste sich die Gesellschaft auch alsbald auf. Als wir gegen 23.00Uhr gingen, war der Saal schon halb leer.
Eine Türkische Hochzeitsfeier ist für unsere Begriffe nicht lang, dafür aber heftig!