Wenn die Ferien vorbei sind, haben deutsche Richter viel zu tun: Dann ziehen verärgerte Urlauber wegen aller möglichen Reisemängel vor Gericht. Was sie alles monieren - Eine Sammlung bizarrer StreitfälleBerechtigt oder nicht, Urlauber ziehen wegen der ungewöhnlichsten Reisemängel vor Gericht. Das Urteil der Richter fällt nicht immer erwartungsgemäß oder wie von den Klägern erhofft aus. Wir stellen die kuriosesten Urteile aus dem Reiserecht der letzten Jahre vor. Zum Staunen, zum Kopfschütteln, eine Galerie des Aberwitzigen.
*Nackte im Hotel: Weißer Strand, gutes Essen und eine schöne Hotelanlage auf Kuba. Ein Idyll - wenn da nicht die Nackten wären. So wunderte sich ein Ehepaar in seinem vermeintlichen Traumurlaub nicht nur über viele unbedeckt herumlaufende Mitferiengäste, sondern fühlte sich durch deren Anwesenheit belästigt. Dies führte zur Abreise der Urlauber, FKK hatten sie schließlich nicht gebucht. Zu Hause angekommen, zog das Paar gegen den Reiseveranstalter vor Gericht und bekam eine Reisepreisminderung von 20 Prozent zugesprochen. Ist aus den Reiseunterlagen nicht ersichtlich, dass es sich um Anlagen handelt, in denen Reisende ihre Affinität zur Nacktheit frei ausleben können, müssen andere Urlauber diesen Umstand nicht hinnehmen (OLG Frankfurt, Az.: 16 U 143/02).
* "Man spricht deutsch": Diesen Filmtitel hatten Türkei-Urlauber wohl im Sinn, die ihre Kinder im "Miniclub" ihres Hotels betreuen lassen wollten. Weil dort aber nur Russisch gesprochen wurde, forderten sie von ihrem Veranstalter Geld zurück - und verloren in zweiter Instanz. In einem internationalen Hotel könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Kinder auf Deutsch betreut werden, so urteilte das Landgericht Frankfurt.
Im Prospekt des Veranstalters war von einem "Miniclub für Kinder von 4 bis 12 Jahren" in dem Hotel in Kemer die Rede gewesen - allerdings ohne die Angabe einer Sprache, die dort vorrangig gesprochen wird. Dennoch gingen die später klagenden Eltern davon aus, dass die "Clubsprache" in der Türkei schon Deutsch sein werde.
Das Amtsgericht gab zwar den Klägern Recht, doch das Landgericht sah für eine solche Erwartung keine Grundlage. Die Urlauber hätten damit rechnen müssen, dass neben Deutschen auch andere Touristen - auch aus anderen Ländern im Hotel untergebracht sind. Ohne Angaben im Katalog könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, "dass sich dort gerade deutsche Urlauber in der Mehrzahl befinden" oder "dass die Betreuer sämtliche denkbaren Sprachen beherrschen" (Az.: 2-24 S 258/07). dpa
* Passagier mit Geruch: Ein Fluggast wollte von Hawaii zurück nach Düsseldorf fliegen. Doch unmittelbar vor dem Abflug musste er wieder aussteigen, weil seine Sitznachbarin sich über seinen starken Schweißgeruch beschwert hatte. Der Kapitän darf ihn in Ausübung seiner Bordgewalt von Bord schicken. Die Übernachtungskosten, die dem müffelnden Passagier aufgrund der Reiseunterbrechung entstanden waren, hat ihm die Fluggesellschaft als Schadenersatz zu erstatten (OLG Düsseldorf, Aktenzeichen 18 U 110/06).
* Versehentlich nach Costa Rica: Ein Urlauber wollte über die Internet-Plattform eines Flug-Anbieters vier Flüge für sich und seine Familie nach San José im US-Bundesstaat Kalifornien buchen. Doch San José ist nicht San José. Er bestellte versehentlich Tickets nach San José, der Hauptstadt Costa Ricas. Erst beim Einchecken in Stuttgart bemerkte die Familie ihren Irrtum, der Kauf neuer Tickets kam sie teuer zu stehen. Den Aufpreis für das Umbuchen wollte der Familienvater von dem Internet-Flug-Anbieter zurückhaben. "Wer über das Internet bucht", so die Richter, "nutzt Vorteile, lässt sich dabei aber auch auf bestimmte Risiken ein." Dazu gehöre, dass sich ein Kunde versehentlich mal "verklicken" könne (LG München I, Az.: 34 O 1300/08).
* Dringende Notdurft: Wer ganz dringend mal muss und nicht kann, weil er nicht darf, muss erst mal leiden. So geschehen während einer Zugfahrt im ICE 1653 von Frankfurt/Main nach Dresden.
Alle Toiletten waren verschlossen, weil die Bahn es versäumt hatte, die zugehörigen Wasserbehälter "ordnungsgemäß zu befüllen". Geschlagene zwei Stunden wanderte ein Fahrgast mit verkniffenem Gesicht deshalb durch die überfüllten ICE-Flure. Schließlich - bei der nächsten versperrten WC-Tür - hielt er es nicht mehr aus und forderte eine Zugbegleiterin "ultimativ" auf, ihm jene Tür zu öffnen. So geschah es. Der Mann konnte sich endlich erleichtern, doch seinen körperlichen Stress vergaß er nicht und klagte gegen die Bahn auf Schmerzensgeld. Mit Erfolg. Bei der Schmerzensgeld-Bemessung - so steht es im Urteil - berücksichtigten die Juristen auch die "Heftigkeit und Dauer der Unannehmlichkeiten des Klägers". Ergebnis: Die Bahn musste ihrem Fahrgast 400 Euro zahlen (AG Frankfurt/Main, Az.: 32 C 261/01-84). WOG
* Nackt in der Sauna: Ein Pauschalreisender wurde in der Türkei in der Hotelsauna tätlich angegriffen. Er zog den Unmut zweier Türken auf sich, nur weil er die Sauna nackt betreten hatte. Sie beförderten ihn per Nackenschlägen und Fußtritten in die Rippen aus dem Schwitzkasten - schließlich gehöre es zu den landestypischen Gebräuchen und Sitten, nicht völlig entblößt eine Sauna zu betreten, machten sie ihm unmissverständlich deutlich. Der Gepeinigte verlangte für den Übergriff Schadenersatz in Höhe von 500 Euro vom Reiseveranstalter. Schließlich habe er ihn nicht über die Sauna-Landessitte informiert. Ohne Erfolg. Einen Angriff Dritter habe der Reiseveranstalter nicht zu verantworten (AG Neuwied, Az.: 4 C 2152/03).