Vortrag Herrn RA Prof. Dr. Ronald Schmid, Frankfurt/M., gehalten beim eTravel Congress 2007 am 7. September 2007 im Hotels Adam & Eve, Belek.
Urlaub – das sind die schönsten Wochen des Jahres. So sagt die Werbung. Und mit der so suggerierten Erwartung treten die Leute dann Ihren Urlaub an. Leben im Paradies – wenigstens auf Zeit. Was aber, wenn es anders kommt. Leben im Paradies und Unfälle – das paßt nicht.
Wird aber ein Reisender im Urlaub verletzt oder gar getötet, kommt die Stunde des Juristen. Sog. „Opferanwälte“ sind neuerdings überall. Es werden Schuldige gesucht – und auch gefunden.
Drei Fälle, die tatsächlich, unter anderem in Griechenland und in der Türkei passiert sind und die örtlichen Gerichte beschäftigt haben, sollen das erhellen.
Fall 1 Die Wasserrutschen-Fälle
Ein Hotelier baute ohne behördliche Genehmigung auf seinem Gelände eine Wasserrutsche. Bei der Benutzung wird ein 13-jähriges Kind nach dem Eintauchen in das Wasser vom Sog der Umwälzpumpe angesogen. Da das Ansaugroher, das einen Durchmesser von 1 m. hatte, nicht mit einer Schutzkappe abgedeckt war, verfing sich dem Arm im Ansaugroher. Weil der Sog zu stark ist, konnte sich der Junge nicht befreien. Bis Hilfe kam, ertrank das Kind. Das ist passiert 2003 in Griechenland und 2005 in der Türkei.
Die Eltern verlangen vom Reiseveranstalter Schmerzengeld für den schmerzhaften Verlust ihres Kindes.
Fall 2 Der erste Glastür-Fall
Zwei 7-jährige Jungen spielten im Billardraum, der in einem Nebenraum der Hotellobby untergebracht war. Dieser war durch Glastüren für jedermann zugänglich. Es gab drei gleiche Eingänge, wobei die Türen jeweils links und rechts ein Seitenteil hatten, das ebenfalls aus Glas bestand.
Als die beiden Jungen den Billardraum verlassen wollten, passierte es: Beide Jungen liefen zur Tür. Während der eine die offen Tür in der Mitte nahm, prallte der andere mit voller Wucht auf das Seitenteil, das für ihn absolut unsichtbar war, da es keinerlei Kennzeichnung hatte. Die 6 mm starke und 2 m hohe Scheibe zersprang sofort und fiel komplett aus dem Rahmen auf ihn herunter.
Fall 3 Der zweite Glastür-Fall
Die damals 8-jährige Natalie und ihr Bruder liefen nach dem Frühstück in ihr Appartement, um ihre Badesachen zu holen. Die Eltern der Geschwister unterhielten sich mit Bekannten auf der Terrasse. Natalie wollte aus dem Appartement heraus nach draußen zu ihren Eltern laufen - übersah aber dabei, daß die große bis zum Boden reichende Glasschiebetür geschlossen war. Natalie lief in die geschlossene Glasschiebetür des Appartement, die daraufhin zersplitterte. Das Mädchen stürzte durch den Aufprall zu Boden und zog sich gravierende, stark blutende und tiefe Schnittverletzungen im Bereich der Beine und Füße zu.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes war die Glastür nicht hinreichend verkehrssicher. Sie war trotz des umfassenden dunklen Edelstahlrahmens so zu kennzeichnen, daß sie – auch für Kinder - leicht zu erkennen war. Dies gilt im Hinblick darauf, daß die Ausstattung der Zimmer und Appartements des Hotels im Prospekt als „kindgerecht“ angepriesen worden war. Es handelt sich mithin um eine Tür, die häufig benutzt wird und es ist dabei zu berücksichtigen, daß Kinder sich oft eilig und nicht mit genügender Vorsicht bewegen. Eine weitere Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht sah das Gericht darin, daß der Reiseveranstalter sich beim Bau der Glastüranlage im Vorfeld nicht vergewissert, daß splitterfreies Sicherheitsglas verwendet wurde.
Fall 4
Ein Hotelier auf den kanarischen Inseln sorgte sich, daß seine Gäste bakteriell erkranken könnten bei der Nutzung des Pools. Vorsorglich läßt er in der Hochsaison die doppelte Menge Chlor einbringen.
Ein kleiner Junge, der im Wasser schwimmt, zieht sich schwere Verätzungen der Haut zu. Er müßte mehrere zeit- und kostenaufwendige Operationen über sich ergehen lassen.
Fall 5
Im Jahre 2002 verloren zwei Reisende in Ägypten durch einen Stromschlag ihr Leben. Einer saß am Beckenrand auf dem metallenen Ablaufgitter, der andere stieg gerade auf der metallenen Treppe aus dem Pool. Es gibt Zeugen, die bei ihrer Vernehmung ausgesagt haben, daß direkt vor dem Unglück ägyptische Techniker an der Umwälzpumpe des Pools arbeiteten. Dabei muß Fehlstrom über den metallischen Ablaufrost am Beckenrand des Pools zu den beiden Reisenden geleitet. Ein FI-Sicherheitsschalter hätte den Tod der beiden Urlauber zu 100% verhindert.
Aber wer ist schuld? Wer haftet?
Die meisten der vielen deutschen Touristen, die die Türkei besuchen, haben die Reise bei einem Reiseveranstalter gebucht. Also ist zivilrechtlich zunächst er verantwortlich. „Was also habe ich als Hotelier damit zu tun?“ werden Sie sich fragen.
Ganz einfach: Als Hotelier sind Sie Leistungsträger des Reiseveranstalters. Sie sind sein Erfüllungsgehilfe. Wenn der Reiseveranstalter in Anspruch genommen wird, kann er bei seinem Leistungsträger Regreß nehmen.
Aber das neue Medium Internet eröffnet den Reisenden auch die Möglichkeit, sich das Hotel beim Hotelbetreiber selbst zu buchen. Dann gibt es keinen Reiseveranstalter. Also gerät der Hotelbetreiber ins Visier des Juristen.
Strafrechtlich aber haftet ohnehin nur derjenige, der die Ursache des Unfalls gesetzt hat. Und das ist meist nicht der Reiseveranstalter, sondern in erster Linie der Hotelbetreiber.
Die Reiseveranstalter lehnen nach solchen Unfällen leider oft zunächst jede Verantwortung ab. Auch wenn sie später nach lang dauernden Gerichtsverfahren verurteilt werden, macht das die Betroffenen zunächst wütend.
Der Mensch will nicht nur entschädigt werden, er will auch Genugtuung: Jemand muß schuld sein. Und der Schuldige soll bestraft werden. Also wird Strafanzeige erstattet
Und so geschah es auch in dem vorgenannten Fall 1. Der griechische Hotelier wurde wegen fahrlässiger Tötung anzeigt und ein Strafverfahren vor einem griechischen Gericht eröffnet. Aber nicht nur das: der Hotelier wurde auch verurteilt zu Freiheitsstrafe. Das Berufungsgericht hat das Urteil im Wesentlichen betätigt. Das Revisionsverfahren vor dem Areopag läuft noch.
Auch in einem Strafverfahren in der Türkei hat der Staatsanwalt Anklage erhoben. Das Gericht verhandelt noch, eine Entscheidung steht an.
Mein dringender Rat:
Beachten Sie die Verkehrssicherungspflichten in ihren Hotels.
Wenn Sie US-amerikanische Gäste in Ihrem haus haben, dürfen Sie sicher sein, das Sie im Schadensfall verklagt werden. Und daß ein amerikanischer Richter sich zuständig fühlt, auch wenn der Unfall im Ausland passiert ist, davon können Sie ausgehen, jedenfalls dann, wenn ein US-Amerikaner unter den Verletzten ist.
Wenn Sie im Schadensfall einem Richter nachweisen können, daß Sie alles Erforderliche getan haben, um den Schaden zu vermeiden, stehen Sie gut da vor Gericht. Die Anforderungen, die Gerichte stellen, sind allerdings nicht niedrig.
Quelle: Tourexpi