Fast drei Jahre nach der EU-Verordnung über Fluggastrechte haben Reisende nach wie vor Probleme, Entschädigungen für ausgefallene Flüge zu bekommen.
Darauf wiesen Juristen des Europäischen Verbraucherzentrums Euro-Info in Kehl am Rhein am Montag hin. Bei der Umsetzung der Verordnung hapere es immer noch, betonte Jutta Gurkmann, die sich in dem Verbraucherzentrum um Beschwerden aus Deutschland kümmert. So kläre die EU-Verordnung vom Februar 2005 nicht ausreichend die Zuständigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden, die wie in Deutschland das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) die Beschwerden zu prüfen haben.
Betroffene verzichten zermürbt auf ihre Rechte
Nach Angaben von Gurkmann schieben sich die Aufsichtsämter häufig die Beschwerden gegenseitig zu. Für die Reisenden sei es oft schwierig, die in der Verordnung für annullierte Flüge vorgesehene Entschädigung – je nach Entfernung zwischen 250 und 600 Euro – zu bekommen. Als Beispiel nannte die Juristin den Fall eines Deutschen, dessen Rückflug aus Portugal mit einer portugiesischen Luftlinie ohne Angabe von triftigen Grünen storniert wurde. Das LBA habe den Fall an die portugiesische Behörde weitergeleitet, weil der Abflug dort stattfinden sollte. Diese habe erst nach drei Anfragen reagiert und dann eine Übersetzung der Beschwerde ins Portugiesische verlangt. „Ein solcher Aufwand lohnt sich aber oft nicht, sodass die Geschädigten schließlich aufgeben.“
Probleme gebe es außerdem immer wieder mit der schwammigen Formulierung, wonach Luftlinien zu keinen Entschädigungen verpflichtet sind, wenn Verspätungen oder Stornierungen auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen sind, erläuterte die französische Juristin Aurélie Anquetil. Darauf berufe sich beispielsweise eine französische Gesellschaft, die einen Flug von Paris nach München annulliert habe – angeblich wegen ungünstigeren Wetterbedingungen. Die Fluggesellschaft habe dafür aber keine schlüssigen Beweise vorgelegt. In diesem Fall müssen sich die deutschen Passagiere des geplatzten Fluges an das französische Amt für Luftaufsicht wenden. Dort seien seit Anfang des Jahres 2500 Beschwerden eingegangen, entsprechend lange dauere die Prüfung, sagte Anquetil.
Bisher 5000 formale Beschwerden
Beim LBA gingen nach Angaben einer Sprecherin seit Inkrafttreten der Verordnung über 5000 formale Beschwerden ein. Davon habe das LBA über 1000 Kläger mangels Zuständigkeit an andere Ämter weiterverwiesen. In einer Reihe von Fällen – die nicht genau zu beziffern seien – hätten Passagiere aufgrund der Intervention des LBA Entschädigungen erhalten. In anderen strittigen Fällen würden derzeit die ersten Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten vorbereitet.
Die Brüsseler EU-Kommission will Anfang Dezember einen neuen Bericht über die bisherige Umsetzung der Verordnung vorlegen. Darin dürfte auch die wachsende Zahl von Beschwerden, die bei den unterschiedlichen Europäischen Verbraucherzentren eintreffen, berücksichtigt werden. Diese haben bereits eine Nachbesserung der Verordnung gefordert. Zumindest müsse die EU-Kommission „klare Anweisungen“ über die Zuständigkeiten der Aufsichtsämter formulieren, forderte Gurkmann.
Quelle: Focus