Jeden Sommer strömen in der Türkei Einheimische wie Ausländer zur Mittelmeerküste, nach Antalya und zur Ägäis. Zur Schwarzmeerküste im Norden zieht es dagegen bisher wenige Touristen aus Deutschland oder England. Dabei warten an der rund 1300 Kilometer langen Küste von Bulgarien bis nach Georgien noch ursprüngliche Fischerdörfer, einsame Buchten und kilometerlange Strände auf Besucher.
"Immer wenn wir Zeit haben, fahren wir nach Sile", erzählt Cengiz, der in Istanbul ein Fischrestaurant betreibt. "Unsere Familie hat dort ein Ferienhaus, in dem wir jedes Jahr schöne Tage fernab der Hektik der Großstadt verbringen." So wie Cengiz packen viele Istanbuler im Sommer ihre Sachen und machen sich auf den 60 Kilometer langen Weg zum Badeort an der Schwarzmeerküste.
Spektakulär ist schon der Auftakt der Fahrt über die erste Bosporus-Brücke in den asiatischen Teil Istanbuls. Die Hängebrücke mit ihren 165 Meter hohen Pfeilern schwingt sich elegant über die Wasserstraße und führt in den Vorort Beylerbeyi. Dort lohnt sich ein kurzer Stopp, um den Sultanspalast Beylerbeyi Sarayi zu besuchen. Er zeigt den Prunk, in dem die Sultane des ausgehenden 19. Jahrhunderts lebten.
Den weiteren Weg nach Sile säumen viele Villen. In Sile angekommen, kann sich der Reisende in glasklarem Wasser erfrischen und an einem der langen Sandstrände ausruhen. Beim Schwimmen sollte er allerdings die Warnhinweise beachten. Denn an einigen Stellen ist das Schwarze Meer wegen starker Strömungen gefährlich.
Theater und Konzerte unter freiem Himmel
In der Altstadt gibt es Überreste einer Festung der Genueser und ein Natur-Amphitheater zu sehen. Hier werden im Sommer unter freiem Himmel Theaterstücke aufgeführt und Konzerte gegeben. "Und Fisch müsst Ihr essen. Am besten schmeckt er direkt auf den Booten der Fischer", hatte Cengiz gesagt. Tatsächlich schlagen die einfachen Gerichte der Fischer die Einheitskost vieler Touristenlokale um Längen. Günstiger sind sie ohnehin.
60 Kilometer nordöstlich von Zonguldak, einer Bergwerkstadt ohne besondere Sehenswürdigkeiten, liegt Amasra, einer der schönsten Küstenorte der Türkei. Das Städtchen auf zwei felsigen Landzungen wurde schon im sechsten Jahrhundert vor Christus gegründet und hat viele Herrscher gesehen. "Phönizier, Römer und Byzantiner haben in Amasra vielfältige Spuren hinterlassen", erzählt der Führer den Besuchern des Archäologischen Museums. "Nicht nur im Museum, auch in der Altstadt können Sie Zeugnisse aus alter Zeit entdecken." Dazu gehören die Überreste eines römischen Theaters und eines Bades sowie hoch oben auf einem Felsen die Burg mit einer Kirche.
Vor allem einheimische Urlauber aus Istanbul und Ankara sind es, die nach Amasra kommen. Zum Baden eignen sich allerdings nur die östlich des Stadtzentrums gelegenen Strände. Doch nur fünf Kilometer weiter finden Gäste im Fischerdorf Cakraz erstklassige Badestrände, gute Unterkünfte und zahlreiche Restaurants. Auf Cakraz folgt Kurucasile, ein Ort, der für den Bau von Fischkuttern bekannt ist. Von dort sind es auf der kurvenreichen und bergigen Küstenstraße mit großartigen Ausblicken auf das Meer noch einmal gut zwei Stunden bis nach Inebolu.
Haselnusssträucher und sattgrüne Teeplantagen
Die Stadt, auch "Diva am Meer" genannt, besitzt noch zahlreiche sogenannte Pontushäuser. Sie sind zumeist dreistöckig, aus Holz gebaut und mit Schindeln gedeckt und würden in jedes deutsche Mittelgebirge passen. Rund um Inebolu können Besucher durch neblige Bergwälder, Hänge voller Haselnusssträucher und sattgrüne Teeplantagen wandern.
Ganz anders präsentiert sich die Landschaft in der Nähe von Sinop. Dort schneidet der Hamsilos-Fjord ins Land und erinnert ein wenig an Norwegen. Sinop, an der nördlichsten Spitze der Türkei gelegen, besitzt einen schönen Naturhafen, der einst Endpunkt wichtiger Karawanenstraßen aus Kappadokien und den Euphratländern war. Als griechische Kolonie spielte die Stadt in der Antike eine führende Rolle im Schwarzmeerraum. Aus ihrer Blütezeit sind aber lediglich die Zitadelle, Reste eines Tempels und Teile der Stadtmauer erhalten.
Wie ein Schwalbennest klebt das Kloster am Felsen
Samsun, die mit 500.000 Einwohnern größte Stadt der Region, ist meist nur eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Trabzon. Zwischenstopps lohnen dagegen in Ünye, Ordu und Yaliköy, allesamt kleine ursprüngliche Küstenorte mit schönen Promenaden und Sand- oder Kieselstränden.
Der Endpunkt der Reise ist vor allem Fußballfans ein Begriff: In Trabzon spielt eine der besten türkischen Mannschaften. Die Stadt hat aber auch lebendige Basare, römische Brücken und alte Stadtmauern zu bieten. Nicht fehlen darf ein Ausflug zum Kloster Sumela. Die Straße führt entlang eines tosenden Flusses hinauf ins Gebirge. Wie ein Schwalbennest klebt das mehrstöckige Gebäude am Felsen. Vor kurzem wurde das Kloster zu einem Museum umgestaltet. Allerdings erfahren weder Touristen noch Schulkinder von der gewaltsamen Vertreibung der Mönche und der christlichen Bevölkerung aus der Region. Rund 150 Kilometer östlich von Trabzon liegt dann die Grenze zu Georgien. Für die Menschen in der Antike befand sich dort das Ende der Welt.
Quelle: ksta.de
Hört sich doch gut an. Warum führt die Schwarzmeerküste im Tourismus dennoch ein Schattendasein? o.O