Endlich! Sommer, Sonne, Strand! Eigentlich sind das perfekte Umstände, um die Seele nach der stressigen Berufstätigkeit mal kräftig baumeln zu lassen. Das gilt aber nicht mehr, sobald der langersehnte Urlaub den - zugegebenermaßen oft ungewöhnlichen - Vorstellungen des Fernwehgeplagten nicht mehr entspricht. So mussten Gerichte schon darüber entscheiden, ob z. B. ein zu hoher Wellengang, ein schnarchender Sitznachbar im Flugzeug oder ein singender Muezzin zur Reisepreisminderung berechtigen. Aber auch der vorliegende Fall hatte es in sich und machte das Amtsgericht (AG) Aschaffenburg nach eigenen Aussagen sprachlos.
Viel Lärm um nichts?
Für ein Ehepaar wurde der Urlaub auf Mauritius zu einer wahren Höllentour. Die Eheleute beschwerten sich unter anderem über ungenießbares Essen - das sie sich mit einer ganzen Fliegenarmee teilen mussten - und die lauten Einheimischen. Die seien am Strand so laut gewesen, dass sie „schlichtweg sprachlos" gewesen seien. Nachdem sie in Mauritius die Fliege gemacht hatten, flogen einige Zeit später in einem deutschen Gericht die Fetzen: Der Ehemann verlangte wegen der unerhörten Mängel vom Reiseveranstalter die Zahlung von fast 10.000 DM - mehr als der gesamte Ausflug gekostet hatte!
Mit Einheimischen und einheimischen Fliegen ist zu rechnen
Das AG Aschaffenburg war ebenfalls sprachlos, fand aber dennoch schnell die Sprache wieder und gestand dem Ehemann nicht einmal einen Pfennig zu. Denn laut Reiseprospekt wurden die Mahlzeiten in einem offenen Restaurant eingenommen. Ein verständiger Leser definiere „offen" jedoch so, dass der Raum nach außen gerade nicht abgeschlossen ist, weshalb es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dass sich auch mal „die eine oder andere Fliege" dorthin verirren kann. Außerdem ist der Mensch grundsätzlich ein Gewohnheitstier, dem die fremdländische Kost aufgrund exotischer Rezepte, Zutaten und Gewürze leicht auch mal schwer auf den Magen schlagen kann - ungenießbar ist das Essen deswegen aber noch lange nicht.
Verständnislos reagierte das Gericht ferner auf die Bemerkung des Urlaubers, dass es Mangelware gewesen sei, den Strand in der Nähe des Hotels wegen der lauten Einheimischen nutzen zu können. Wer vom Fernweh geplagt wird und verreist, will doch gerade andere Länder, Sitten und Leute kennenlernen - und muss das zwangsweise auch, da man ihnen logischerweise überall über den Weg läuft.
Dass der Urlauber Fliegen sehr wohl etwas zuleide tun kann, merkte man laut dem AG übrigens auch daran, dass er „seinem" Rechtsanwalt eine Postkarte schickte, die nicht nur Urlaubsgrüße enthielt, sondern auch den Wink, dass es für ihn bald Arbeit gebe. Letztendlich behauptete der beschwerdefreudige Reisende auch noch, sämtliche Mängel fotografiert und damit dokumentiert zu haben - nur seien diese Beweise unglücklicherweise von der Flugsicherheitskontrolle zerstört worden. Das war selbst für den Richter des AG eine ganz neue Erfahrung, der selbst als „begeisterter Fotograf" auch „hin und wieder ins Ausland" fliegt - ihm selbst sei aber noch kein einziges Mal das Filmmaterial zerstört worden ...
(AG Aschaffenburg, Urteil v. 19.12.1996, Az.: 13 C 3517/95)
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