Die Mentalität eines Volkes spiegelt sich in seiner Sprache wider.
Besonders im Türkischen finden sich viele Beispiele, zum Teil unübersetzbar.
Die Türken sind ein herzliches und hilfsbereites Volk, sehr gastfreundlich und einander zugewandt. Das ist einerseits sehr angenehm, denn man findet immer jemanden, der weiterhilft, zur Not mit Händen und Füßen, wenn sich keine gemeinsame Sprache findet. Andererseits zeigt sich das aber auch in einer unersättlichen Neugier. Da ist man dann froh, wenn die Sprachkenntnisse über einen kurzen Small Talk nicht hinausreichen.
Dennoch ist es nett, wenn man in bestimmten Situationen eine passende Floskel parat hat.
Willkommen
Gastfreundschaft wird in der Türkei ganz groß geschrieben. Zum Ritual an der Haustür oder beim Betreten eines Geschäfts gehört dabei ein Dialog, der jedem Türkischlernenden nach einiger Zeit in Fleisch und Blut übergehen sollte. Vom Gastgeber bekommt man umgehend ein freundliches Hoş geldiniz! entgegen geschmettert. Oder Hoş geldin!, wenn man sich nahe steht und duzt. So weit so gut. Das kennen wir aus vielen Sprachen. Aber was antwortet man darauf? Gibt es im Deutschen darauf überhaupt eine Erwiderung? Ein schnödes Danke vielleicht? Wie langweilig! Im Türkischen hingegen sagt man Hoş bulduk! Das lässt sich nur schwer übersetzen. Ich bin willkommen, hört sich ja schon ein wenig merkwürdig an.
Guten Appetit
Wenn wir schon von Gastfreundschaft reden: Man verlässt keinen türkischen Haushalt hungrig. Im Gegenteil. Nur vollgestopft und kugelrund lassen sie einen wieder von dannen ziehen. Und dann sitzt man bei Tisch und die Lobhudelei geht los: Elinize sağlik. So lobt man die Köchin. Gesundheit Ihren Händen. Hört sich komisch an? Ich finde das herzig. Die mit gesunden Händen Gesegnete erwidert darauf übrigens ganz bescheiden Afiyet olsun! Guten Appetit!
Gesundheit
Man kennt das. Jemand niest und reflexartig ertönt unisono ein herzlich gemeintes “Gesundheit” aus jeder Ecke. Im Türkischen ist das nicht anders. Man wünscht dem Niesenden aber nicht einfach nur Gesundheit. Nein, das wäre zu kurz gedacht. Çok yaşa! Viel Leben bzw. ein langes Leben. Das wünscht man sich. Und auch hier denkt der Türke gleich an seine Mitmenschen, die er eventuell mit seinem Niesanfall angesteckt haben könnte. Sende gör! Das wünsche ich dir auch. Oder Hep beraber! erwidert er daraufhin. Alle zusammen sollen wir ein langes Leben haben. Wie freundlich. Vielen Dank!
Glückwunsch, Prost und Alles Gute!
Zur Hochzeit beglückwünscht man das Paar mit einem herzlichen Tebrikler! Man prostet sich zu mit einem lauten Şerefe! (Ja, hier ist die Sheriff-Eselsbrücke durchaus hilfreich, denn ş = sch.) Und dem Geburtstagskind schreibt man Doğum günün kutlu olsun! in die Glückwunschkarte.
Aufschreiben, lernen, im richtigen Moment anwenden.
Fertig. Weiter geht’s.
Gute Besserung!
Auch in der Türkei sind Krankheiten ein beliebtes Gesprächsthema. Wer aufmerksam zuhört, dem wird ein immer wiederkehrender Ausdruck auffallen. Geçmiş olsun! Das bedeutet so viel wie gute Besserung. Wörtlich übersetzt heißt es aber: Es soll vorbeigegangen sein. Es soll nicht nur besser werden. Nein. Es soll vorüber und vergessen sein. Alles wird gut!
Mein Beileid
Wenn es dann aber nicht gut wird (krude Überleitung, ich weiß…) und jemand hat den Verlust eines Angehörigen oder zumindest einer nahestehenden Person zu verkraften, dann sagt man Başiniz sağ olsun! Wörtlich übersetzt heißt das so viel wie: Ich wünsche, dass dein Kopf gesund bleibt. Möge dich die Trauer nicht verrückt machen. Letzteres ist allerdings eine sehr freie Interpretation meinerseits. Passt aber, oder?
Leicht soll es fallen.
Unbedingt lernen sollte man auch eine Floskel, die es so im Deutschen gar nicht gibt. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Betritt man in der Türkei ein Geschäft oder begegnet dem Wachmann vor dem Haus oder sonst jemandem bei der Arbeit, dann sagt man schlicht und ergreifend Kolay gelsin! Es soll dir leicht von der Hand gehen. Mein Lieblingsausdruck, ich finde das so wunderbar, denn es drückt nicht nur einen freundlichen Wunsch aus, sondern auch einen gewissen Respekt vor der Arbeit. Ich sehe, dass du arbeitest und ich wünsche dir, dass es dir leicht fällt.
Maşallah!
Dafür gibt es keine Übersetzung. Es ist ein Ausdruck der Bewunderung. Man sagt es ganz oft beim Anblick eines Kindes. Es ist ein Wunsch nach Gottes Schutz und Freude über das prächtige Wesen. Es ist fast mehr ein Gefühl als ein Begriff. Er kommt von Herzen und gehört zum Leben in der Türkei dazu wie die Pünktlichkeit zu Deutschland.
Quellewer kennt noch mehr?