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Autor Thema: SOLIDARITAET MIT HASANKEYF  (Gelesen 18733 mal)

Antwort #15
am: 16. Juni 2009, 13:45:02

kedi

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16. Juni 2009, 14:24, NZZ Online


Türkei will Bau von Ilisu-Damm auf jeden Fall durchziehen

Baubeginn im Juli auch ohne internationale Unterstützung


Die Schweiz, Deutschland und Österreich haben im Dezember Vorbehalte gegen das Vorgehen der Türkei beim Bau des Ilisu-Staudammes angemeldet und Kreditbürgschaften gesperrt. Davon will sich Die Regierung in Ankara aber nicht abbringen lassen. Erdogan will im Juli mit dem Bau beginnen.

(sda/dpa) Die Türkei will den Bau des umstrittenen Ilisu-Staudamms auch ohne internationale Geldgeber noch im Juli beginnen. Bei einem Treffen der Verantwortlichen sei laut Medien beschlossen worden, vom 30. Juli an die Fundamente für den Damm zu errichten.

Das Treffen sei unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gestanden, berichtete die türkische Tageszeitung «Radikal» am Dienstag.

Internationale Kreditbürgschaften wackeln, weil Verstösse gegen Umweltschutz-Auflagen und Mängel bei den Umsiedlungsplänen festgestellt worden waren.

Die Schweiz hatte mehreren Firmen, die an dem Bauprojekt beteiligt sind, Exportrisikogarantien von insgesamt 225 Millionen Franken in Aussicht gestellt. Auch Deutschland und Österreich stellten ihren Firmen Bürgschaften aus. Im Dezember stoppten die drei Staaten die Kreditbürgschaften vorerst und gaben der Türkei eine Frist, um die Auflagen für das Kreditgeschäft zu erfüllen. Diese Frist läuft am 6. Juli ab.

Enteignungen fortgesetzt
Ungeachtet internationaler Kritik treibt die türkische Regierung Enteignungen für den Bau des Damms weiter voran. Behörden haben vor einem Gericht in der Stadt Batman Zwangsentschädigungen für mehrere Familien durchgesetzt, die ihr Land am Tigris nicht verkaufen wollten.

Das Gericht hat am 6. Mai auf eine Klage der Behörden hin entschieden, die Grundstücke von mindestens 30 Familien in dem Dorf Kesmeköprü nahe der antiken Stadt Hasankeyf zu enteignen.

Prominente gegen Staudamm
Durch den 300 Quadratkilometer grossen See, der oberhalb der 1820 Meter langen und 135 Meter hohen Ilisu-Staumauer entstehen würde, würde nicht nur Hasankeyf überflutet, sondern auch die Wohnorte von mehr als 10'000 Menschen.

Die türkische Regierung verspricht sich neben der Energiegewinnung eine Entwicklung der Landwirtschaft durch mehr Bewässerungsmöglichkeiten. Auch türkische Prominente wie der Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk und Popsänger Tarkan haben sich vehement gegen den Bau des Staudammes ausgesprochen. 

Quelle


Oh, das sieht ja nicht gut für Hasankeyf aus :-\








Antwort #16
am: 16. Juni 2009, 14:06:19

Offline Arkadas

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Oh, das sieht ja nicht gut für Hasankeyf aus :-\


Stimmt, aber so ist die Politik auf der ganzen Welt: auch mal unpoluläre Projekte durchhecheln - koste es was es wolle!

Werner

Antwort #17
am: 16. Juni 2009, 14:40:59

kedi

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Oh, das sieht ja nicht gut für Hasankeyf aus :-\


Stimmt, aber so ist die Politik auf der ganzen Welt: auch mal unpoluläre Projekte durchhecheln - koste es was es wolle!

Werner

Wobei es sich bei vielen Dingen am Ende nur noch um ein Prestige-Projekt handelt. Hauptsache man hat der Welt gezeigt was man kann, ob es sich nun rentiert oder nicht. Und was ringsherum dabei drauf geht steht leider nicht zur Debatte.

Antwort #18
am: 16. Juni 2009, 14:49:27

Offline Arkadas

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Stimmt ... man siehe China mit dem 3 Schluchten Staudamm u.a.m. Aber bei uns geht es ähnlich zu bei Projekten wie Flughafenausbau usw.da kommt dann immer das Schlagmichtotargument: das bringt und sichert Arbeitsplätze!

Werner

Antwort #19
am: 19. Juni 2009, 22:25:58

kedi

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Ilisu-Staudamm in der Türkei

Deutschland lässt Mega-Projekt fallen

Von Tobias Schwab


Die Bundesregierung steigt aus dem umstrittenen Ilisu-Staudamm-Projekt der Türkei aus. Nach Informationen von FR-online.de wird Deutschland die Zusage einer Exportbürgschaft für das umstrittene Vorhaben am Tigris nach dem 6. Juli endgültig zurückziehen.

An diesem Tag läuft eine letzte Frist von 180 Tagen ab, innerhalb der die Türkei Auflagen für den Schutz von Umwelt und Kulturgütern erfüllen sollte.

Alle beteiligten Ressorts seien sich einig , "dass wir aussteigen", erfuhr FR-online.de aus Kreisen der Bundesregierung. Jüngste Überprüfungen hätten ergeben, dass die Türkei nicht bereit sei, jene strengen Bedingungen zu erfüllen, die die Bundesregierung gemeinsam mit Österreich und der Schweiz an Kreditgarantien knüpft.

Türkische Umweltschützer begrüßten die Entscheidung
zum Rückzug aus dem umstrittenen Staudamm-Projekt.
Damit habe die Kampagne gegen den Ilisu-Damm einen Erfolg errungen, sagte ein Sprecher des Umweltverbandes Doga Dernegi in Ankara der Nachrichtenagentur afp. "Unser Ziel ist es, dass der Damm nicht gebaut wird."

Deutschland, Österreich und die Schweiz hatten sich 2007 verpflichtet, das Risiko eines Bauträgerkonsortiums mit 450 Millionen Euro abzusichern. Die Bundesregierung wollte für 150 Millionen Euro haften - allerdings nur unter strengen Auflagen zum Schutz von Umwelt und Kulturgütern sowie bei der Umsiedlung.


Stausee auf 300 Quadratkilometern

Mit dem Ilisu-Staudamm an der Grenze zu Syrien und Irak soll das Wasser des Tigris auf einer Fläche von 300 Quadratkilometern gestaut werden. Etwa 65.000 Menschen müssen dafür weichen. In den Fluten würde auch die antike Stadt Hasankeyf untergehen.

Das Urteil der jüngsten Überprüfung des Projektes sei eindeutig ausgefallen, heißt in Berlin. Die Türkei ist danach weit entfernt davon, den Auflagen und Standards gerecht zu werden. So laufe das Verfahren zur Umsiedlung und Entschädigung der betroffenen Menschen völlig intransparent.

Bislang seien nur für sechs von insgesamt mehr als 100 Städten und Dörfern, die im Stausee versinken werden, neue Standorte festgelegt. Auch die eingeforderte Planung und Finanzierung von zwei Abwasserkläranlagen habe die türkische Seite bislang nicht vorgelegt.

Trotz wiederholter Mahnungen treibt Ankara das Staudamm-Projekt weiter voran und schafft mit Enteignungen Fakten. Behörden setzen vor einem Gericht in der Stadt Batman Zwangsentschädigungen für mehrere Familien durch, die ihr Land am Tigris nicht verkaufen wollten.

Das Gericht entschied am 6. Mai auf eine Klage der Behörden hin, die Grundstücke von mindestens 30 Familien in dem Dorf Kesmeköprü nahe der antiken Stadt Hasankeyf zu enteignen. Die Entschädigung entspreche einem "Spottpreis", erklärten Beobachter.


Auch Bern und Wien ziehen mit

Nach Informationen von FR-online.de haben Österreich und die Schweiz auf Arbeitsebene ihre Zustimmung zu einem konzertierten Ausstieg aus der Exportbürgschaft signalisiert.

Die Türkei ficht das nicht an. Sie will den Bau des mehr als eine Milliarde teuren Ilisu-Staudamms im Südosten des Landes auch ohne internationale Geldgeber beginnen. Ankara werde das Projekt aus eigenen Quellen finanzieren, zitierte die türkische Tageszeitung Radikal den Umweltminister Veysel Eroglu.

Ankara will mit den Staudamm vor allem für die Stromerzeugung nutzen. Außerdem sollen mit dem Wasser etliche Hektar künstlich bewässert werden, die bislang für intensive Landwirtschaft zu trocken sind.

Der Bau des Dammes hätte allerdings enorme soziale, ökologische und kulturelle Konsequenzen. Neben der Umsiedlung von bis zu 65.000 Menschen sind es vor allem die Auswirkungen für Flora und Faune, die Kritiker monieren.

Der Irak befürchtete, dass am Unterlauf des Flusses nach dem Dammbau wesentlich weniger Wasser ankommen würde und das weltweit größte Sumpfgebiet im Mündungsbereich von Tigris und Euphrat austrocknen könnte.


Sorge um antike Stadt

Zuletzt hatten auch Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk und der Popsänger Tarkan an die Regierungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz appeliert, sich aus der Ilisu-Finanzierung zurückziehen.
Pamuk unterzeichnete eine Erklärung, mit der ein Bündnis den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan, die österreichische, die deutsche und die Schweizer Regierung auffordert, das Projekt einzustellen. Sie sollten stattdessen den Antrag unterstützen, das Tigristal rund um die antike Stadt Hasankeyf zum Weltkulturerbe zu erklären.

"Hört auf mit dem Wahnsinn", forderte Popstar Tarkan Ende Mai auf einer Konferenz in Berlin. Robert Goodland, der für die Weltbank Umwelt- und Sozialstandards entwickelt hat, stellte damals fest: "Die Folgen eines Dammbaus wären fatal. Die Weltbank müsste und würde das Projekt ablehnen."

Auch der international bekannte türkische Schriftsteller Yasar Kemal schloss sich den Kritikern des Projektes an. Kemal, der 1997 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten hat, sagte: "Wer versucht, die Stadt Hasankeyf zu retten, indem er einzelne Monumente versetzen will, zerstört ein Welterbe."

Quelle



Hier ein Bericht aus der Schweiz.


Antwort #20
am: 26. August 2009, 07:09:25

Offline TC Melanie

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Nach dem Rückzug der westeuropäischen Kreditversicherer aus dem umstrittenen Staudammprojekt Ilisu im Südosten der Türkei läuft in Ankara die Suche nach neuen Geldquellen auf vollen Touren. Umweltminister: 800 Millionen Euro sind bereits gesichert.

Schon bald werde man ein neues Finanzierungskonzept über 1,2 Milliarden Euro präsentieren können, sagte Umweltminister Veysel Eroglu jetzt. Die Entschlossenheit der Türkei, das Projekt voranzutreiben, hängt auch mit den jüngsten Bemühungen um eine friedliche Lösung der Kurdenfrage zusammen: Ankara plant neue Investitionen im Kurdengebiet, um die Region zu befrieden, und ist deshalb weniger denn je bereit, Ilisu aufzugeben.

Nach langen Diskussionen hatten sich die staatlichen Kreditversicherer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Anfang Juli aus dem Megaprojekt zurückgezogen, weil die Türkei die geforderten Auflagen - etwa für eine sozialverträgliche Umsiedling von mehreren zehntausend Menschen - nicht erfüllt hatte. Die Regierung in Ankara erklärte jedoch, den Staudammbau in Eigenregie weiter vorantreiben zu wollen. "Wir brauchen kein anderes Land für das Projekt", hatte Minister Eroglu bereits vor der europäischen Ausstiegsentscheidung gesagt. "Das machen wir selbst."

Bei diesen Bemühungen ist die Türkei offenbar schon weit gekommen. Eine Kreditsumme von 800 Millionen Euro sei bereits gesichert, sagte er. Über die verbleibenden 400 Millionen werde noch verhandelt. Ein Ministeriumssprecher in Ankara sagte unserer Zeitung am Dienstag, die Gespräche über das Thema seien noch nicht abgeschlossen. Offen ist, ob dieselben Firmen, die den Ilisu mit Hilfe der westeuropäischen Kredite bauen wollten, immer noch im Rennen sind.

In Ilisu am Tigris soll ein 135 hoher und zwei Kilometer langer Damm entstehen. Der geplante Stausee soll mit seinen 300 Quadratmetern viermal größer werden als der Chiemsee. Der Damm ist Teil des so genannten Südostanatolien-Projektes (GAP), eines geplanten Netzwerkes aus fast zwei Dutzend Staudämmen und Wasserkraftwerken, mit dem Ankara dem armen Südostanatolien wirtschaftlich auf die Beine helfen will. Dämme wie der bereits fertige, riesige Atatürk-Damm nordwestlich von Sanliurfa sollen Wasser für die Bewässerung der Felder der Umgebung sowie Strom für die Ansiedlung von Industriebetrieben bereitstellen.

Diese Ziele sind für die türkische Politik derzeit brandaktuell. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan feilt an einem Programm aus kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Reformen, mit dem er den seit 1984 anhaltenden Kurdenkonflikt beilegen will. Die Ankurbelung der Wirtschaft in Südostanatolien und die Schaffung neuer Arbeitskräfte spielen dabei eine wichtige Rolle.

Ganz so schnell wie erhofft geht es für die türkische Regierung in Sachen Ilisu jedoch nicht voran. Erdogan wollte bereits Ende Juli den Grundstein für den neuen Standort der uralten Stadt Hasankeyf legen, die nach den Planungen im Stausee versinken wird. Nun teilten die Behörden mit, die Grundsteinlegung sei erst in den kommenden Monaten zu erwarten.

Quelle
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Antwort #21
am: 26. August 2009, 07:36:33

Offline Arkadas

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Bei dieser Nachricht weiß ich langsam nicht ob ich mich freuen oder trauern soll. Mir ist zu tiefst zuwider das so ne historische Stätte im Wasser verschwinden soll. Von der politischen Hochwetterlage im Kurdengebiet war auch im SPIEGEL zu lesen (selbst Ocalan steht wieder zur Disposition) und das ist mal ein sehr positiver Ansatz - im Gegensatz zu mancher Aktion des Militärs. Beide Vorhaben nun voneinander abhängig zu machen ist fatal!

Werner

Antwort #22
am: 27. Dezember 2009, 10:17:50

Offline TC Melanie

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Geschichte vor dem Untergang

Am Eingang der sterbenden Stadt begegnet uns ein Kind. Der Junge ist ein kräftiger kleiner Kerl, vielleicht zehn Jahre alt. Seine Augenbrauen berühren sich über der Nase und lassen ihn älter aussehen, als er ist. "Blue Ridge Resort" steht auf seinem T-Shirt, darunter sind zwei Palmen vor einem Sonnenuntergang abgebildet. "Merhaba. I am Yunus", begrüßt der Junge uns und trottet neben uns her. Er wirkt ein wenig unschlüssig, wie es jetzt mit uns weitergehen soll. Vielleicht hat er auch Angst, wir könnten ihn davonscheuchen. Wir laufen die Hauptstraße entlang, vorbei an Autowerkstätten, Lebensmittelläden und Teehäusern, in denen Männer in Pumphosen sitzen. Sie trinken Çay und rauchen Kette. Uns Besuchern schenken sie keinen Blick. Ihre Konzentration ist ganz den Domino- und Rummikub-Partien gewidmet. Es ist eine Alltagsszene, wie man sie aus ganz Südostanatolien kennt. Nach ein paar Fußminuten ist die heile Welt allerdings zu Ende. Sie hört dort auf, wo das alte Hasankeyf beginnt.

Seit elftausend Jahren leben Menschen hier. In den Ruinen der Altstadt gehen Gegenwart und Vergangenheit wie selbstverständlich ineinander über. Bedrohlich ist dagegen die Zukunft. Das Tal, in dem Hasankeyf liegt, soll bald in den Fluten des gestauten Tigris versinken. Hasankeyf soll untergehen.

Vor uns hebt sich ein schlankes Minarett in den Himmel. "El Risk", sagt der Junge neben uns und scheint erleichtert, endlich etwas sagen zu können. "Ayyubid, six hundred years." Ornamente und kufisch anmutende Kalligraphien schmücken die Fassade des sandfarbenen Steins. Auf der Kuppel balanciert ein Storchennest. Im Jahr 1409 wurde die El-Risk-Moschee errichtet, für die Zeitrechnung von Hasankeyf kann man sie als eines der jüngeren Gebäude bezeichnen. Dennoch ist von dem Gotteshaus nur das Minarett erhalten geblieben.

Lautsprecher ragen über das Balkongeländer. Auch in Hasankeyf ruft der Muezzin elektrisch verstärkt zum Gebet. Yunus winkt uns zu einer bröckelnden Mauer auf der Nordseite des Moscheehofes heran. Er zeigt auf den Fluss, der sich zwanzig Meter unter uns grün und flach und träge durch sein Bett bewegt. "Tigris", sagt er und traut sich nun endlich, die große Frage zu stellen. "I am your guide? Five lira."

Yunus geht in Hasankeyf zur Schule. Er ist hier nicht das einzige Kind, das sich ein Taschengeld verdienen möchte. Viele Besucher kommen allerdings nicht nach Hasankeyf. Ein einziges Pärchen begegnet uns, offenbar sind es Amerikaner. Für die meisten Türkeitouristen liegt der Ort zu abgeschieden. Der Teil der Welt, in dem Hasankeyf liegt, ist unter Archäologen auch als der "fruchtbare Halbmond" bekannt. Hier soll der Mensch vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit gekommen sein. Mesopotamische, römische, byzantinische, seldschukische, ayyubidische und osmanische Spuren findet man in Hasankeyf. Mehr als zwanzig verschiedene Kulturen haben das heutige Aussehen der Stadt geprägt. Neun von zehn Kriterien, die die Unesco für den Status Weltkulturerbe einfordert, treffen laut einer Studie der Universität Istanbul auf Hasankeyf zu. Die Chinesische Mauer hingegen erfüllt nur fünf, das Taj Mahal eines.

Kulturelle Katastrophe

Die Türkei bemüht sich dennoch nicht, den Titel für Hasankeyf zu bekommen. Sie hat anderes vor: Die Regierung baut derzeit einige Kilometer flussabwärts den einhundertfünfunddreißig Meter hohen und zwei Kilometer breiten Ilisu-Damm. Er wird den Tigris so stauen, dass ein dreihundertdreizehn Quadratkilometer großer See entstehen wird. Das Wasser wird ein Kraftwerk speisen, das der Region Strom und dem Land mehr Unabhängigkeit von ausländischen Öllieferungen bringen soll. Auch zur Bewässerung der umliegenden Felder soll das Wasser genutzt werden. Hasankeyf aber wird in den Fluten des gestauten Tigris untergehen. Nach Berechnungen wird nur noch die Spitze des Minaretts der El-Risk-Moschee über der Wasseroberfläche liegen.

Yunus weiß das alles, genauso sein Freund Nuri, der sich bald zu uns gesellt. Weil er ein paar mehr Brocken Englisch spricht als Yunus, übernimmt er die Führung durch den Ort. Die beiden Kinder zucken traurig mit den Schultern, als wir nach dem bevorstehenden Ende der Stadt fragen. Die Bevölkerung von Hasankeyf lebt schon seit dem Jahr 1997 unter dem Damoklesschwert der großen Flut. Seitdem der Damm angekündigt worden ist, hagelt es zwar nationale und internationale Proteste: Das Projekt sei eine wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Katastrophe, sagen Kritiker. Doch die Türkei hält daran fest. Der Bau des Damms ist bisher immer nur verschoben worden.

Dichte der Vergangenheit

Je weiter man in das Zentrum von Hasankeyf vordringt, desto stärker hat man das Gefühl, dass die Geschichte sich an diesem Ort aufgegeben hat. Die Ruinen wirken, als seien sie immer schon Ruinen gewesen. Den Spuren der Vergangenheit begegnet man in Hasankeyf in einer solchen Dichte, dass sich jener Eindruck von Zeitverwirrung einstellt, wie man ihn von Besuchen in Pompeji, Angkor oder Abu Simbel kennt. Seit Jahrhunderten scheint sich hier nichts verändert zu haben. Aus schwarzen Fensterhöhlen folgen uns die Blicke von Gespenstern. Unheimlicher noch ist das Gefühl der Zukunftslosigkeit in Hasankeyf. Über der Stadt liegen Schmerz und Melancholie.

Jetzt, im Spätherbst, ist es noch immer sehr warm. Sogar unsere kleinen Führer wischen sich den Schweiß von der Stirn. Von der El-Risk-Moschee folgen wir weiter der Hauptstraße und schlagen dann den Weg zum Fluss hinunter ein. Der Tigris ist nach diesem trockenen Sommer wenig majestätisch. Er gleicht eher einem großen Bach. An seinen Ufern ist es still und leer. Ein paar junge Männer treten aus dem Schatten der am Straßenrand liegenden Läden. Den wenigen Touristen, die hierherfinden, verkaufen sie Schmuck, mit Stadtansichten bemaltes Geschirr und Decken aus Ziegenhaar. Ein Ladenbesitzer streichelt den Kopf von Yunus, während er mit uns spricht. In Hasankeyf kennt jeder jeden, nur noch wenige tausend Menschen zählt die Stadt. In einen Ort, der dem Untergang geweiht ist, möchte niemand ziehen.

Hunde und Hühner

Wir gehen weiter. Bald türmen sich rechts und links der Straße mächtige Kalksteinfelsen auf. In den weichen Stein sind Hunderte von Höhlen geschlagen worden, die Felsen sehen deshalb aus wie riesige Schwämme. Die ersten Bewohner Hasankeyfs haben in ihnen gewohnt. Steintreppen und Galerien laufen an den Felswänden entlang. Einige der Behausungen hatten früher fließendes Wasser, andere wurden als Kirchen und Moscheen genutzt. Nuri kennt zwei Familien, die noch heute in den Höhlen leben.

Rechter Hand geht es hinauf zur Zitadelle. Wir wollen den Kindern hinterherlaufen, doch ein Pfiff hält uns zurück. "Three lira!", ruft es aus einer weißen Holzbude, die uns in dem gleißenden Licht entgangen ist. Der Aufstieg ist anstrengend. Der Pfad windet sich an Höhlen vorbei, streckenweise ist er in den Fels geschlagen. Die Höhlen sind teilweise mit Brettern verdeckt, aus manchen gackern Hühner. Ein Hund bellt, angeleint steht er einige Meter über uns auf einem Felsvorsprung. "Mad dog", sagen die Jungen und kichern.

Ungehobener Schatz

Als wir das Plateau erreichen, bietet sich uns ein wunderbarer Blick über das Tigristal und seinen Fluss. Wasservögel fliegen auf. Am Flussufer um Hasankeyf leben Tierarten, die weltweit vom Aussterben bedroht sind. Deshalb gehören auch viele Umweltaktivisten zu den Kritikern des Staudammprojekts. Je länger wir in Hasankeyf sind, desto irrwitziger erscheint uns die Vorstellung, dass man diesen Ort fluten will.

Die Mauern der Zitadelle sehen an manchen Stellen aus, als hätte ein Riese seine Faust auf sie niedersausen lassen. Überall liegen die sandfarbenen Steine herum. Auch die byzantinischen und osmanischen Gebäude sind nur noch mit großer Phantasie als solche zu erkennen. Die Jungen führen uns zum Ayyubidenpalast am äußersten Rand des Plateaus. Er hat kein Dach mehr, der reich verzierte Spitzbogen über dem Fenster lässt jedoch ahnen, wie schön er einmal gewesen sein muss. Auf einem Relief sind zwei Löwen zu sehen, zwischen ihnen wächst kufische Ornamentik. Auf manche der Behausungen sind mit weißer Kreide Nummern gemalt. Sie sind die einzigen Spuren wissenschaftlicher Erfassung, die wir entdecken können. Hasankeyf ist für Archäologen ein ungehobener Schatz. Nur ein winziger Teil der Region, die der Stausee überfluten soll, ist bisher archäologisch erschlossen worden. Zweihundertundacht Fundstätten haben Archäologen bei einer ersten schnellen Begehung ausmachen können. Bis heute wurden nur vierzehn von ihnen untersucht.

Kurden und Militär

Die Stille auf dem Plateau wird plötzlich von einem lauten Knattern durchbrochen. Ein Helikopter des türkischen Militärs gleitet im Tiefflug über den Fluss und hebt sich dann über die Zitadelle. Er beschreibt eine Kurve, wir erkennen einen Soldaten mit Maschinengewehr. Er sitzt an der offenen Tür und baumelt mit den Beinen. "Soldier, soldier", ruft Nuri und imitiert mit den Armen ein Gewehr.

Wie ist das Verhältnis zwischen den vornehmlich kurdischen Bewohnern der Stadt und dem türkischen Militär, fragen wir die beiden Jungen. Weil für eine Antwort ihr Englisch nicht ausreicht, erklären sie es uns mit Händen und Füßen. Nuri zeigt auf sich und sagt: "Kurd". Auf Yunus weisend, sagt er: "Türk". Dann schüttelt Nuri Yunus demonstrativ die Hand, lächelt dabei zu uns herüber und sagt: "Brothers".

Pistazien, Wassermelonen, Trauben

Die Stadt hat im Konflikt zwischen den Türken und den Kurden eine große symbolische Bedeutung. Für viele Kurden verkörpert sie die Größe der eigenen Kultur, eine Möglichkeit, sich der eigenen Geschichte in Stein zu vergewissern. Erst im sechzehnten Jahrhundert kamen die Osmanen hierher. Die PKK hat gedroht, den Bau des Staudammes im Notfall mit Gewalt zu verhindern. Für sie ist er ein militärisches Projekt, das ihre Rückzugsgebiete in den umliegenden Bergen überfluten soll. Gleichzeitig sieht sie in dem Damm einen Schlag gegen die kulturelle Identität ihres Volkes.

Der Ilisu-Staudamm ist Teil des immensen Südostanatolien-Projekts, mit dem die Region in die Moderne geführt werden soll. Neben der Verbesserung der Infrastruktur umfasst es den Bau von zweiundzwanzig Staudämmen, von denen zwölf schon fertiggestellt sind. Ihre positiven Auswirkungen lassen sich westlich von Hasankeyf auf den Feldern nahe Gaziantep und Sanliurfa bewundern: Seitdem sie mit gestautem Wasser bewässert werden können, hat sich der Ernteertrag vervielfacht. An der Straße, die zwischen den beiden Städten verläuft, verkaufen Händler Pistazien, Wassermelonen, Trauben, Mandeln und Feigen. In Hasankeyf reicht die Ernte mit knapper Not für den eigenen Bedarf.

Baracken vor der Stadt

Dennoch haben Deutschland, Österreich und die Schweiz dem Ilisu-Projekt unlängst Bürgschaften für Kredite in Höhe von vierhundertfünfzig Millionen Euro gekündigt. Als Grund nannten sie die Nichterfüllung des Auflagenkatalogs, den die Weltbank für das Projekt ausgearbeitet hatte. Unter anderem ging es um die geplante Umsiedlung von bis zu siebzigtausend Menschen. Und es ging darum, wie viel Wasser die türkische Regierung dem Tigris noch lassen würde. Der Fluss fließt entlang der syrischen Grenze in den Irak. Der fruchtbare Schlamm, den er auf seinem Weg dort einmal im Jahr an die Ufer trägt, käme an dem Beton des Staudamms nicht vorbei. Für den Irak und die in seinem Norden gelegene autonome Region Kurdistan hätte der Damm schwerwiegende Konsequenzen: rationiertes Wasser und eine neue Abhängigkeit vom Nachbarn. Einige politische Beobachter glauben, dass die Türkei die Dämme nicht aus ökonomischen, sondern aus geostrategischen Gründen baut.

Hoch über der Stadt zeigen Yunus und Nuri auf ein rosafarbenes Haus im Neubaugebiet auf der anderen Flussseite. Es ist ihre Schule. Nuri sagt, dass er später einmal studieren möchte. Ob er sich diesen Traum erfüllen kann, ist ungewiss. Viele Menschen, die bei dem Bau der anderen Dämme umgesiedelt werden sollten, hausen heute in Baracken an den ausgefransten Rändern der umliegenden Städte. Entwicklungsökonomen warnen, dass der Ilisu-Staudamm landwirtschaftlich nur kurzfristige Erfolge bieten könnte. Für eine langfristige Nutzung seien die Böden bei Hasankeyf nicht geeignet. Auch deshalb glaubt keiner der Bewohner des Ortes, mit denen wir sprechen, dass der Damm wirklich ihr Leben verbessern wird.

Friedhof unter Wasser

Bevor Yunus und Nuri sich von uns verabschieden, zeigen sie uns auf dem Plateau noch die große Moschee. Im Schatten der Ruine liegt ein Friedhof, von dem Nuri sagt: "Not so old. Three hundred years." Wind kommt auf und fährt durch das Gras zwischen den schiefen Grabsteinen. Es ist ein schöner Ort, um begraben zu werden. Bald soll er am Ufer des Sees liegen. Die Wellen werden rauschen, und Hasankeyf wird verschwunden sein.

Quelle
Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen, und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lässt.

Im Leben geht es nicht darum zu warten, bis das Unwetter vorbei zieht, sondern zu lernen im Regen zu tanzen!

Antwort #23
am: 27. Januar 2010, 07:36:08

Barbara06

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Die Geldgeber sind ausgestiegen, aber die türkische Regierung will das Leuchtturmprojekt auch ohne Hilfe hochziehen - und noch viel mehr Staudämme bauen.

Zuerst war der Jubel bei den Naturschützern und den Betroffenen groß. Im Juli 2009 hatten die staatlichen Exportkreditagenturen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Kreditbürgschaften für den Bau des umstrittenen türkischen Ilisu-Staudammprojekts endgültig gestoppt.

Deutschland hatte das Bauprojekt mit rund 190 Millionen Euro über eine Hermes-Bürgschaft abgesichert. "Die an diese Absicherungen geknüpften Auflagen im Bereich der Umwelt, Kulturgüter und Umsiedlung konnten trotz teilweise erheblicher Verbesserungen innerhalb der vertraglich festgelegten Frist nicht erfüllt werden", schrieben Euler Hermes, die Österreichische Kontrollbank und die Schweizerische Exportrisikoversicherung in einer gemeinsamen Erklärung. Damit seien die Voraussetzungen für die Fortsetzung der staatlichen Absicherung nicht mehr gegeben. Die Agenturen hatten über 150 Auflagen gemacht. Die Hoffnung der Gegner

Im Gefolge dieser Entscheidung zogen sich dann die drei Banken Société Générale, Bank Austria sowie DekaBank aus der Finanzierung des Riesendamms zurück. Sie erklärten, damit würden sie den Regeln der Weltbank folgen, die in Kraft treten, wenn die Richtlinien bezüglich Umwelt, Umsiedlung und Kulturerbe für solche Projekte nicht eingehalten werden. Die Gegner des Staudamms konnten nun hoffen, die Türkei werde das Projekt endgültig beerdigen.

Weit gefehlt. Kurz nach der Ankündigung der Agenturen und Banken erklärte die Regierung des Landes verärgert, sie halte auch ohne internationale Hilfe am Dammbau fest. Umweltminister Veysel Eroglu sagte, bei der Rücknahme der Bürgschaften handele sich um eine politische Entscheidung, mit der bestehende Abkommen gebrochen würden. Bald setzte die Regierung noch eins drauf. Sie bekräftige ihre Absicht, die Wasserkraft mit insgesamt 2000 Staudämmen im Lande zu nutzen.


hier gehts weiter.....

Antwort #24
am: 12. Februar 2010, 16:22:44

Barbara06

  • Gast
Ohne Rücksicht auf Kultur und Natur
Türkei hält an Ilisu-Damm fest
Die Türkei will ihr umstrittenes Staudammprojekt Ilisu im Südosten des Landes fortführen. Nachdem sich Deutschland, Österreich und die Schweiz aus der Finanzierung zurückgezogen hatten, seien jetzt neue Geldgeber gefunden worden.

Die türkische Regierung will den umstrittenen Großstaudamm Ilisu auch nach der Kündigung von Bürgschaften aus Deutschland, Österreich und die Schweiz bauen. Für das Projekt, das wegen der Zerstörung der Umwelt und historischer Kulturgüter international kritisiert wird, seien neue Kreditgeber gefunden worden, zitierten türkische Medien den Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Wie mir das Konsortium erklärt hat, wurden zusätzliche Geschäftskredite ausgehandelt, und der Bau des Ilisu-Damms wird 2010 fortgesetzt", habe Erdogan gesagt.

Deutschland, Österreich und die Schweiz hatten Kreditbürgschaften im Juli 2009 gestoppt, weil Umweltauflagen verletzt und Kulturgüter am Ufer des Tigris in Gefahr seien. Gegen das Bauprojekt, das auch die archäologisch bedeutende Stadt Hasankeyf bedroht, hatte es im In- und Ausland Proteste gegeben. Die türkische Regierung reagierte verärgert.

Die türkische Regierung möchte mit dem Staudamm nicht nur Energie gewinnen, sondern verspricht auch bessere Bewässerungsmöglichkeiten für die Landwirtschaft. Der geplante 300 Quadratkilometer große Stausee, der oberhalb der 1820 Meter langen und 135 Meter hohen Ilisu-Staumauer entstehen soll, würde aber Dörfer überfluten, in den mehr als 10.000 Menschen leben. Die Türkei hatte Enteignungen für den Damm begonnen, ohne dass Details der Umsiedlung organisiert waren.

Quelle: dpa

Adresse:
http://www.n-tv.de/panorama/Tuerkei-haelt-an-Ilisu-Damm-fest-article724797.html

Antwort #25
am: 16. Februar 2010, 19:32:51

Barbara06

  • Gast
Weder Gerichtsurteile noch Proteste können das umstrittene Projekt stoppen.

Istanbul (keet). Der Bau des umstrittenen Ilisu-Staudammes am Tigris soll im April beginnen. Das teilte die Zeitung "Sabah" gestern mit. Wenige Tage zuvor hatte ebenso der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan von einem baldigen Baubeginn gesprochen.

Dabei forderte erst vorige Woche das Europäische Parlament einen Baustopp für Ilisu. Außerdem hatte ein Gericht Mitte Januar die Enteignung einer Landparzelle für ungültig erklärt, deren Besitzer umgesiedelt werden sollten. Das Gericht berief sich dabei darauf, dass die Kommission zum Schutze von Kulturgütern und Naturreichtümern noch nicht positiv entschieden habe.

Die zuständigen Behörden spielten die Bedeutung des Gerichtsurteils freilich herunter. Es betreffe nur ein Prozent des zu enteignenden Landes.

Auch in der Türkei ist nach der Ankündigung des Baubeginns mit heftigen Protesten zu rechnen. Viele prominente Künstler, darunter der Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk, unterstützen die Kampagne gegen den Damm. Pamuk hat sich sogar ein Anti-Ilisu-T-Shirt zugelegt.

Vor allem die Überflutung des historischen Städtchens Hasankeyf stieß auf Kritik im In- und Ausland. Auch Bedenken wegen der Umsiedlung wurden nie ausgeräumt. Ein erstes internationales Konsortium, dem die Schweizer Großbank UBS angehörte, zog sich vor einigen Jahren wegen der Kritik aus dem Projekt zurück.



Auch China ist abgesprungen
Ein zweites Konsortium mit Firmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz trat an. Auch dieser Versuch scheiterte im Sommer 2009, weil die Türkei die Auflagen zu Kulturschutz, Umwelt und Umsiedlung einfach ignorierte. Alle drei Länder zogen ihre Exportrisikogarantien zurück.

Nun wollen die türkischen Institute Akbank und Garanti Bank mit 350Mio. Euro in die Presche springen. Auch der Rest der Finanzierung für das mit 1,1 bis 1,5Mrd. Euro veranschlagte Projekt scheint gesichert zu sein. Es ist jedoch nicht bekannt, ob die beiden Banken den Vertrag wie angekündigt unterschrieben haben. Unklarheit herrscht auch über die Baufirmen. Der österreichische Anlagenbauer Andritz Hydro ist jedenfalls nicht mehr dabei, wie die Firma auf Anfrage der "Presse" bestätigte.

Indessen hat ein potenzieller Verbündeter für den Bau abgewinkt. Nach Informationen der österreichischen Umweltorganisation ECAWatch erklärte der chinesische Botschafter in Ankara, dass auch Peking keine Exportrisikogarantien für Ilisu plane.

Viele Beobachter hatten mit asiatischer Unterstützung gerechnet. Der Satz: "Wenn die Europäer sich zurückziehen, dann machen es halt die Chinesen", war häufig zu hören. Nun aber sind die Türken auf sich allein gestellt. Mehr denn je wird Ilisu so zum nationalen Prestigeprojekt.

Quelle

Antwort #26
am: 30. Oktober 2010, 08:21:52

Offline TC Melanie

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Das Staudamm-Projekt von Ilisu in der Türkei soll in drei Jahren fertig sein. Dann wird die Gegend überflutet. Mehrere zehntausend Menschen müssen deshalb umziehen. Am Sonntag ist Schlüsselübergabe für die Bewohner von Ilisu.

Die Kritik ist gross, was das Staudamm-Projekt Ilisu anbelangt. Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz haben Kreditbürgschaften für das Projekt abgelehnt. Die Türkei hat das wenig beeindruckt. Sie setzt das 1,2 Milliarden Euro teure Staudamm-Projekt selber um. In drei Jahren soll es fertig sein.

Bereits fertig erstellt ist ein Dorf, das extra für die Bewohner von Ilisu gebaut wurde. Am Sonntag ist nun Schlüsselübergabe durch den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Tausende müssen sich in den neuen Wohnungen zurechtfinden und ihre eigenen Häuser und Wohnungen aufgeben. Insgesamt werden mehr als hundert Dörfer vom Stausee überflutet.

Mit dem Ilisu-Damm wird der Tigris aufgestaut, um Energie erzeugen zu können. Umweltschützer wehren sich seit Jahren gegen das Projekt durch das auch die uralte Stadt Hasankeyf im See versinken wird.

Quelle
Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen, und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lässt.

Im Leben geht es nicht darum zu warten, bis das Unwetter vorbei zieht, sondern zu lernen im Regen zu tanzen!

Antwort #27
am: 30. Oktober 2010, 21:03:35

Offline Laurie

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Antwort #28
am: 07. März 2014, 07:17:32

Offline TC Melanie

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 Strom um jeden Preis? Türkischer Damm zerstört 12.000 Jahre alte Siedlung

Fertig werden soll der türkische Ilisu-Staudamm noch in diesem Jahr und dann fast zwei Prozent der Elektrizität des Landes zu erzeugen. Doch das Mega-Projekt hat auch immense Schattenseiten für Mensch und Umwelt. Frühere Zusicherungen der Regierung, nicht zu deren Lasten zu bauen, scheinen ein weiteres Mal in den Wind geschlagen.

Der Ilisu-Staudamm in der Türkei wird nicht nur den Strom für viele Haushalte des Landes liefern. Seine Existenz wird auch dazu führen, dass Dutzende Städte in den Fluten des Tigris versinken werden. Mittlerweile scheint die finale Umsetzung kaum mehr zu verhindern.

Unter den bedrohten Ortschaften befindet sich unter anderem auch die 12.000 Jahre alte antike Stadtfestung Hasankeyf in der türkischen Provinz Batman, so National Geographic. Der Damm drohe außerdem die mesopotamischen Sümpfe im Irak, rund 1.609 Kilometer stromabwärts, auszutrocknen. Sowohl das Leben von Mensch und Tier sei in dieser Region von der Sumpflandschaft abhängig.

Das 1,2 Milliarden-Euro teure Bauwerk ist Teil des türkischen Südostanatolien-Projekts (GAP). Im Rahmen dessen soll der Tigris kurz vor der Grenze zu Syrien und dem Irak im Südosten des Landes wie eine riesige Badewanne aufgestaut werden. Trotz zahlreicher Proteste hat die Türkei Anfang August 2006 mit dem Bau des Staudamms begonnen. Ein erster Anlauf war 2002 noch gescheitert. Zwar stoppten im Juli 2009 sowohl Deutschland als auch Österreich und die Schweiz ihre Exportrisikoversicherungen, weil die Auflagen für Umwelt- und Kulturgüterschutz nicht erfüllt worden waren. Doch die türkische Regierung ließ sich nicht beeirren, neue Kreditgeber wurden gefunden.
Bewohner von Hasankeyf werden nicht angemessen entschädigt

Nach bisherigem Stand wird Hasankeyf im Jahr 2016 zum größten Teil überflutet werden. Ebenso fatal wie der Verlust der historischen Stätte: Viele Bewohner der historischen Stadt können sich einen Umzug nach Yeni Hasankeyf jedoch nicht leisten. Viel zu niedrig sind die Entschädigungszahlungen der Regierung, die den Erwerb eines neuen Anwesens schier unmöglich machen.

Wie bedeutsam gerade Hasankeyf ist, stellte Grabungsleiter, Professor Olus Arik, schon 1998 heraus:

„Die Gesetze verbieten – unter Strafandrohung im Falle einer Zuwiderhandlung – solche Kulturgüter zu zerstören. Das heißt: Wenn Ilısu gebaut wird, ist das einfach unehrlich. […] Hasankeyf ist die einzige anatolische Stadt aus dem Mittelalter, welche als Ganzes erhalten geblieben ist. Es gibt dort Ruinen verschiedenster Kulturen, Mausoleen, Minarette, Kirchen. Was sich genau darunter befindet, wissen wir nicht. Wir sollten aber wissen, was wir verlieren.“
Wasserkraftwerke: Taner Yıldız gibt Schädigungen zu

Bereits Anfang 2013 hatte der türkische Energieminister Taner Yıldız eingeräumt, dass einige Wasserkraftwerke des Landes die hiesige Umwelt geschädigt haben. Vollends die Verantwortung dafür übernehmen, will die türkische Regierung aber offenbar nicht. Der Minister schob den schwarzen Peter den Vertragspartnern und ihrem „rüpelhaften Ansatz“ zu. Etwa zu jener Zeit, nämlich im Januar 2013, verhängte das Oberste Verwaltungsgericht des Landes dann aber doch einen Baustopp für den Ilisu-Staudamm aufgrund fehlender Umweltauflagen.

„Wir wollen keine Kraftwerke zu Lasten der Umwelt bauen. Wir wollen nicht an Projekten arbeiten, die sich gegen die Umwelt richten. Wir wollen mit der Umwelt arbeiten“, versuchte sich Yıldız auf der von der internationalen Denkfabrik SETA veranstalteten Konferenz „Regional and Global Energy Security: Turkey’s Role” jeglicher Verantwortung zu entziehen. Die türkische Energie und ihre natürlichen Ressourcen seien ihr Kapital. Das seien ihre historischen Anlagen. Welche Anlagen er konkret bedauere und welche Schäden er hier genau im Auge hatte – immerhin gab es bereits Tote (mehr hier), gab der Minister allerdings nicht preis. Gefruchtet haben seine Erkenntisse offenbar auch nicht.

Der Bau von Wasserkraftwerken stößt in der Türkei bereits seit langem auf Widerstand bei den betroffenen Einheimischen als auch bei internationalen Umweltschützern (mehr hier). Viele von ihnen wurden inzwischen trotz vehementen Protestes gebaut. In einigen Fällen kam es sogar zu unverhältnismäßiger Gewalt durch die türkische Polizei, was schließlich zu weiteren Kontroversen führte. Doch auch hier war Energieminister Yıldız nicht um eine Antwort verlegen. Er wünschte sich eine feine Unterscheidung zwischen Demonstranten und manipulativen Umweltschützern, die seiner Ansicht nach nur den Fortschritt der Türkei aufhalten möchten.

Quelle: dtn

schade! erst in berlin lagen tolle prospekte für hasankeyf aus  :'( :'( :'(
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Antwort #29
am: 01. Juli 2015, 06:24:45

Offline TC Melanie

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Ein Ort vor dem Verschwinden

Hasankeyf am Tigris ist ein Ort mit tausendjähriger Geschichte. Einst verlief durch ihn ein Zweig der Seidenstraße, nun soll er geflutet werden. Wer ihn noch sehen will, muss jetzt hin.
...... clickme
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