Anfang Oktober waren mein Mann, unser 12 jähriger Sohn und ich 2 Wochen im Club Grand Aqua. Am frühen Morgen des 3. Oktober kamen wir nach einer insgesamt leicht chaotischen Anreise endlich dort an. Der Check In verlief schnell und problemlos. Unsere Bedenken bzgl. des Zustellbettes für unseren Sohn bestätigten sich zum Glück nicht. Im Gegenteil: nach diversen Erfahrungen mit Reisebetten, Klapp-und Campingliegen waren wir angenehm überrascht. Das Bett war zwar klappbar, hatte aber eine normale Matratze und war genauso groß wie die anderen beiden Betten im Zimmer. Da ich bei nächtlichen Hotelankünften prinzipiell immer erst mal hellwach bin, sind wir nochmal runter und bekamen von einem netten Kellner sogar noch was zu trinken - obwohl die AI-Zeit schon vorüber war.
Szene 1: Der Pool
Als wir dann am nächsten Morgen gegen 8 Uhr zum Frühstück gingen bekamen wir schon mal einen ersten Eindruck wie das so läuft mit dem Reservieren im Grand Aqua: fast alle Liegen waren belegt, aber nur von Handtüchern. Menschen wurden auf den Handtüchern noch nicht gesichtet. Aber so richtig beurteilen kann man das natürlich erst nach ein paar Tagen: man tritt morgens aus der Tür des Gebäudes und hat immer das gleiche Farbenspiel vor Augen, da der richtige Hardcorereservierer natürlich immer die gleiche Liege mit dem gleichen Handtuch reserviert. (Kennt Ihr den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier"?). Dieses Bild ändert sich nur gelegentlich geringfügig, wenn neue Reservierer aufgrund von Abreisen nachrücken. Wir spielen dann gerne Handtuchraten: jeder darf sich ein Handtuch aussuchen und muss sich vorstellen, wie der dazugehörige Reservierer aussieht. Gewonnen hat derjenige, der mit seiner Beschreibung dem Original am nächsten kommt. Bei manchen Handtüchern ist es uns leider in 2 Wochen nicht gelungen, den dazugehörigen Reservierer auszumachen, da nie jemand aufgetaucht ist. Wurden die Handtücher etwa bei der Abreise vergessen?
Szene 2: Der Strand
Der Strand ist für einen Früh-Reservierer schon eine Herausforderung: will man vor 9 Uhr reservieren, muss man hinlaufen (und wieder zurück!), da der Shuttle-Traktor erst ab 9 Uhr fährt. Aber wer halt Wert drauf legt, immer am gleichen Platz zu liegen, nimmt auch die Strapazen eines kleinen Fußmarsches gern auf sich. Man muss sich das so vorstellen: man kommt um viertel vor 9 an den Strand und ca. ein Viertel der Liegen ist schon mit Handtüchern belegt. Ansonsten ist der Strand bis auf ein paar Jogger menschenleer.
Dieses sensible System wurde in der 2. Woche plötzlich empfindlich gestört. An einem Tag kam ein heftiger Wind auf, der einen Großteil des Sonnenschutzes herunterriss. Da die Saison schon weit fortgeschritten war, wurde wohl seitens des Hotelmanagements beschlossen, der Natur ihren Lauf zu lassen und den Sonnenschutz nicht mehr zu reparieren. Aber die kannten den deutschen Reservierer noch nicht! Wenn dieser mal eine Liege erobert hat, müssen auch alle äußeren Umstände unverändert bleiben. Sprich: der Sonnenschutz muss wieder her! Und so wurde mit mehr oder weniger lautstarken Diskussionen (=eher geringer Erfolg) sowie weniger oder mehr Trinkgeld (=mehr Erfolg) versucht, die Jungs dazu zu bringen nochmal auf die Leiter zu steigen.
Übrigens: für Nicht-Reservierer ist der Strand sehr zu empfehlen. Er ist nämlich riesengroß und bietet immer genügend freie Liegen (auch für deutsche Minderheiten…).
Szene 3: Die Amazon-Waterworld
Ich muss zugeben, der Urlaub im Grand Aqua war ein Kompromiss aus Strandurlaub (für die Erwachsenen) und Wasserpark (fürs Kind). Und somit mussten wir uns auch mit diesem Terrain vertraut machen. Da wir morgens meist recht früh auf sind, wurden wir eher zufällig gleich beim ersten Besuch in die Gegebenheiten eingewiesen.
Der Wasserpark öffnet morgens um 9 Uhr. Wir waren kurz vorher da und stellten fest, dass schon eine ganze Menge Leute vor der Tür standen. Ein bisschen merkwürdig fand ich ja schon, dass es fast alles Männer und ein paar Kinder waren. Die Männer trugen riesige Stapel von Handtüchern überm Arm. Punkt 9 ging die Tür auf. Was sich dann abspielte stelle ich mir in ähnlicher Form vor, wenn Tokio Hotel eine Autogrammstunde gibt und die Tür für die Kids aufgemacht wird: alle rannten im Sprinttempo los und versuchten, als erste bei den vorher angepeilten Liegen zu sein. War dieses Ziel erreicht, wurden zack-zack-zack alle Handtücher auf mindestens 10 nebeneinander stehende Liegen geworfen. (Noch ein Tipp, für diejenigen, die nicht genug Handtücher dabei haben: ein Hotelhandtuch kann man quer über 3 Liegen legen, wenn man sie dicht zusammen schiebt).
Teilweise wurden auch die Kinder vorgeschickt, die sich dann solange quer über mehrere Liegen (geht je nach Kindergröße bei 3-4 Liegen) legten, bis der Papa kam um das Handtuch zu werfen.
Nach 5 Minuten ist der Spuk vorbei. Alle (!) Liegen im Aquapark sind mit Handtüchern belegt, die Karawane zieht weiter und der Park ist wieder menschenleer.
An einem Tag sorgte die Natur für ausgleichende Gerechtigkeit. Es war nämlich so windig, dass alle nicht perfekt festgezurrten Handtücher einfach weggeweht wurden. So kamen auch die Leute, die nicht schon um 9 Uhr an der Tür kratzten in den Genuss von freien Liegen im Aquapark. Dass es dann aber zu unschönen Szenen kam, als die Reservierer auftauchten und ihren angestammten Platz beanspruchten muss ich wohl nicht extra erwähnen…
Peinlicherweise muss ich zugeben, dass wir diesen Zirkus auch 3 mal unserem Sohn zuliebe mitgemacht haben. Danach habe ich mich strikt geweigert und wir haben viele erholsame Tage am Strand verbracht.
Szene 4: Das Abendessen
Das Positive für uns gleich vorweg: es gibt sowohl im Grand Aqua als auch im Grand Side Nichtraucherbereiche auf der Terrasse, drinnen ist generell Nichtraucher. Nach Besichtigung der Örtlichkeiten beschlossen wir, am ersten Abend im Grand Side zu essen. Wir also geduscht, ordentlich angezogen, rübergepilgert in der Hoffnung, vorher noch eine Kleinigkeit an einer Bar zu uns zu nehmen und dann früh zum Essen zu gehen. Auf der Suche nach einer Bar kamen wir gegen 18.30 Uhr am Hauptrestaurant vorbei und stellten erstaunt fest, dass hier schon Menschenmassen saßen. Ich dachte, wir hätten uns halt was falsch gemerkt und dass das Essen bereits um 18.30 losgeht, nicht erst um 19 Uhr. Wir also auch hoch, fast den letzten Tisch ergattert - und saßen dumm rum bis 19 Uhr. Das ist dort echt so: ans Büffet kann man ab 19 Uhr, aber um die Zeit sind bereits alle Tische draußen belegt. Um 19 Uhr bricht dann das Chaos aus und man meint, es gab weder in den letzten 14 Tagen was zu beißen noch wird es zukünftig je wieder irgendwas Essbares geben.
Nach der Erfahrung sind wir immer erst um 20 Uhr essen gegangen. Nur ist das in dieser Anlage auch nicht wirklich eine Lösung. Alle Kellner sind dort nämlich anscheinend auf dieses früh-Reservieren-und-schnell-zum-Essen-Rennen getrimmt: man muss die Jungs um diese Zeit schon einen mit dem Lasso einfangen, wenn man zum Essen etwas trinken will. Zweiter Knackpunkt sind die Berge von dreckigem Geschirr, die überall rumstehen. Im Gegensatz zu anderen Hotels, wo einem der Teller oft noch vor dem letzten Bissen weggezogen wird, räumen die dort bevorzugt nur alles zusammen nach dem Essen ab. Insgesamt habe ich das Abendessen sowohl im Grand Side als auch im Grand Aqua mehr als Nahrungsaufnahme statt eines gemütlichen, vielleicht auch mal längeren Zusammensitzen erlebt.
Kleiner Exkurs zum Frühstück
Ja, auch da geht es schon los mit dem Reservieren. Nach ein paar Tagen stellten wir fest, dass immer am gleichen Tisch bereits ein Buch und eine Sonnenbrille lagen - gleich wann wir kamen. Als wir dann mal länger beim Frühstück saßen, bemerkten wir ein Paar, dass völlig entspannt aus Richtung Zimmer geschlendert kam. Merke: wenn Du morgens sowieso um 5 schon Dein Handtuch auf die Liege schmeißt, dann reserviere auch gleich Deinen Tisch zum Frühstück.
Fazit
Das Grand Aqua ist für den Sommer eine sehr schöne Anlage. Allerdings ist alles sehr eng, die Liegen am Pool reichen noch nicht einmal aus, wenn es nicht ganz voll ist. Zum Glück durften wir das Grand Side komplett mitbenutzen, dadurch erhält man deutlich mehr Auslauf, was die Enge wieder wett macht. Als es an einem Abend regnete, brach im Grand Aqua mehr oder weniger das Chaos aus. Alle wollten nach dem Essen drin sitzen, da gibt es aber viel zu wenig Platz.
Das Essen war geschmacklich in beiden Anlagen sehr gut, wir hatten den Eindruck, dass die Auswahl im Grand Aqua sogar noch einen Tick größer war. An Spezialitätenrestaurants gibt es italienisch und Fisch. Italienisch muss man für meine Begriffe nicht haben (obwohl das natürlich immer gut besucht war, genau so wie immer die Pommes als erstes leer sind im Speisesaal ;-), wenn ich Pizza essen will muss ich nicht in die Türkei. Ansonsten gibt es da Nudel- und 2 Fleischgerichte mit den gleichen Sachen wie im Hauptrestaurant.
Das Fischrestaurant ist für Liebhaber frischer, gegrillter Fische durchaus empfehlenswert. Da Vor- und Nachspeise aber auch in Büffetform angeboten werden, hat man fast die gleiche Rennerei und Unruhe wie im Hauptrestaurant.
Wasser gibt es überall leider nur im Becher aus dem Wasserspender oder man schleppt die 1,5 l Flasche aus der Minibar mit sich herum. Hier finde ich die kleinen Flaschen, wie ich sie aus anderen Hotels kenne, wesentlich praktischer.
Erstaunlicherweise verwenden die beiden Anlagen unterschiedliche Getränkemarken. Im Grand Aqua werden Süral-Produkte ausgeschenkt. Während Bier, Limo und normale Cola durchaus ok sind, ist "Side-Cola-Light" für meine Begriffe nicht trinkbar.
Positiv erwähnen möchte ich noch die Animation. Positiv deshalb, weil sie uns nicht negativ aufgefallen ist ;-) Die Abendshows waren zwar nicht unbedingt unser Geschmack (Michael Jackson ist wegen Fußball und Regen in unserer Zeit ausgefallen), aber man hatte zum Glück nicht das Gefühl, dass die Animateure auf dem geistigen Stand von 5-jährigen stehen.
Die Amazon Waterworld ist wirklich wunderschön, alles sehr natürlich in die Landschaft eingebettet. Man hat auch nie den Eindruck, dass der Aquapark überfüllt ist. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass es wirklich viel zu wenige Liegen gibt.
Alles zusammengenommen hatten wir einen schönen Urlaub. Vielleicht auch deshalb, weil wir "potenzielle Nörgelstellen" eher mit einem Augenzwinkern betrachten. Aber nochmal Grand Aqua? Ich glaube eher nicht.
LG Claudia