Suche nach Verantwortlichen
Die Ermittler stehen weiterhin vor einem Rätsel.Der Absturz des Air-France-Airbus beschäftigt jetzt auch die Pariser Staatsanwaltschaft. Die Anklagebehörde ermittelt, ob jemand für den Verlust des Flugzeuges mit 228 Insassen verantwortlich ist. Die Staatsanwaltschaft zog das Verfahren am Mittwoch an sich, weil mehrere Franzosen unter den Opfern sind.
Der französische Verkehrsminister Jean-Louis Borloo hatte am Dienstag erklärt, für einen Terroranschlag gebe es keine Anzeichen, er sei aber nicht völlig ausgeschlossen. Auch bei früheren Anschlägen wie auf die PanAm-Maschine über dem schottischen Lockerbie 1988 hatte es kein Bekennerschreiben gegeben.
Auch Ex-Kapitän hält Anschlag für möglich
Der frühere Flugkapitän Jean Serrat hält einen Anschlag durchaus für möglich. "Die Behörden wollen nicht von Attentat sprechen, was ich durchaus verstehe", sagte er im Rundfunk.
"Doch wenn ein Flugzeug einfach so auf einen Schlag mitten im Atlantik verschwindet ..." Entweder sei der Tank explodiert, oder "absolut unvorstellbare Turbulenzen" hätten das Flugzeug abstürzen lassen. "Oder es war vielleicht eine Bombe an Bord. Alles ist möglich."
Ein Air-France-Pilot äußerte sich in einem anonymen Interview der Website lefigaro.fr am Mittwoch ähnlich. Ein Totalausfall, bei dem auch alle Notstromsysteme versagten, sei möglich, wenn das Flugzeug von einer großen Bombe zerrissen werde, sagte er.
Bombendrohung gegen andere Maschine
Nur wenige Tage vor dem Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik gab es gegen ein anderes Flugzeug der Gesellschaft in Südamerika eine Bombendrohung. Die Maschine, die am 27. Mai von Buenos Aires in Argentinien nach Paris fliegen sollte, sei darauf von der Polizei durchsucht worden, ohne dass etwas gefunden worden sei, teilte Air France am Mittwoch in Paris mit.
Die Gesellschaft sieht demnach keinerlei Verbindung zum Absturz ihrer Maschine am Montag. Aus Flughafenkreisen in Paris hieß es, anonyme Bombendrohungen gebe es an allen Airports der Welt "regelmäßig".
2006 in Unfall auf Boden verwickelt
Die in den Atlantik gestürzte Air-France-Maschine war vor drei Jahren auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle in einen Unfall auf dem Boden verwickelt.
Nach Angaben des deutschen Luftfahrt-Unfalluntersuchungsbüros Jet Airliner Crash Data Evaluation Center (JACDEC) aus Hamburg stieß der Airbus A330 damals auf dem Rollfeld mit einem anderen Air-France-Airbus vom Typ A321 zusammen. Bei der Kollision am 17. August 2006 sei jedoch nur geringer Schaden entstanden, heißt es auf der JACDEC-Website.
Die am Montag abgestürzte Maschine mit dem Kennzeichnen F-GZCP sollte damals nach Burkina Faso fliegen. Nach Angaben von Luftfahrtexperten ist es nahezu ausgeschlossen, dass der so lange zurückliegende Unfall etwas mit dem Absturz am Montag zu tun hat.
Weitere Wrackteile gefunden
Die brasilianische Luftwaffe entdeckte im Atlantik weitere Wrackteile des abgestürzten Air-France-Flugzeuges. Unter den rund zehn gesichteten Objekten befinde sich auch ein Wrackteil mit einem Durchmesser von etwa sieben Metern, sagte Luftwaffensprecher Jorge Amaral am Mittwoch in Brasilia.
Zudem seien auf einer Strecke von 20 Kilometern Öl- und Kerosinspuren festgestellt worden. Der brasilianische Verteidigungsminister Nelson Jobim hatte am Dienstag gesagt, es gebe keinen Zweifel, dass die Wrackteile zum Airbus der Air France gehörten.
Erstes Schiff erreicht Absturzstelle
Unterdessen erreichte ein erstes Schiff der brasilianischen Marine das Absturzgebiet rund 1.200 Kilometer nordöstlich der Küste Brasiliens. Das Patrouillenboot "Grajau" sei bereits in dem Gebiet, sagte Konteradmiral Savio Nogueira.
Jetzt gehe es in erster Linie darum, die von der Luftwaffe georteten Wrackteile im dem großen Seegebiet zu finden. Insgesamt seien fünf Schiffe der Marine auf dem Weg zur Absturzstelle, wo sich auch drei Handelsschiffe aufhalten. Mit Blick auf die Überlebenschancen für die 228 Flugzeuginsassen sagte Nogueira: "Die Marine geht immer davon aus, Überlebende zu finden."
Blackboxes werden vielleicht nie entdeckt
Fachleute haben nun wenig Hoffnung, die Flugschreiber zu finden. Die beiden Blackboxes des Airbus lägen tief im Meer und würden vielleicht nie entdeckt, erklärte die französische Luftfahrtermittlungsbehörde am Mittwoch.
Das Meer in dem Absturzgebiet zwischen Südamerika und Afrika sei mehrere tausend Meter tief, so Borloo im Radiosender RMC. "Man muss wissen, dass in dieser Tiefe noch nie eine Blackbox geborgen wurde."
Bisher "kein Problem" gefunden
Bisher deute nichts darauf hin, dass der vier Jahre alte Airbus A330-200 vor dem Start "ein Problem" gehabt habe, betonte der Leiter der Ermittlungsbehörde, Paul Louis Arslanian.
Er könne nicht ausschließen, dass die Maschine vom Blitz getroffen worden sei, wie Air France vermutet hatte. "Ich widerlege nichts, noch bestätige ich irgendetwas, es war eine Gewitterlage." Die Behörde will bis Monatsende einen ersten Bericht zu dem Absturz veröffentlichen.
Kein Notruf wurde abgesetzt
Die Passagiere des Air-France-Fluges AF447 kamen aus 32 Ländern, unter ihnen waren 72 Franzosen, 59 Brasilianer und 26 Deutsche.
Das Flugzeug war in der Nacht zum Montag auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris verunglückt. Weil die Piloten keinen Notruf absetzten, und es keine Augenzeugen für den Absturz gibt, könnte nur eine Auswertung der Flugschreiber erklären, wie es zu der Katastrophe kam.
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