02. April 2025, 21:29:44

Reiseland Türkei - Deine Infocommunity!


Autor Thema: Wiedergeburt ist kein Himmel auf Erden  (Gelesen 2414 mal)

0 Antworten am Wiedergeburt ist kein Himmel auf Erden
am: 08. November 2009, 09:01:02

Offline Reni

  • Uzmanlar....!
  • Ehrenmitglied des Forums! Mutterreni!
  • ****
  • 5264
Eigentlich, verrät Servet Golbol, sei er von Natur aus ein skeptischer Typ, nicht besonders religiös und keinesfalls abergläubisch oder gar esoterisch. Die Frage jedoch, ob er an Wiedergeburt glaubt oder nicht, kann er bis heute nicht eindeutig für sich beantworten. Fest steht jedenfalls, dass seine Neugier auf das Thema groß genug war, um seine Sachen zu packen und in den Süden der Türkei nach Antakya zu fahren, wo Wiedergeburt mittlerweile so verbreitet ist, dass die Stadt es zu weltweiter Bekanntheit gebracht hat, und dort einen Film darüber zu drehen. »Zwei halbe Leben sind kein Ganzes« ist eine äußerst gelungene Dokumentation über vier Kinder und Jugendliche in Antakya, die eines verbindet: Sie alle sind davon überzeugt, schon einmal gelebt zu haben.

Allein in den vergangenen zwanzig Jahren sollen in Antakya über achthundert Fälle von Wiedergeburt dokumentiert worden sein. Fälle, in denen dreijährige Kinder plötzlich anfingen, über den Tag zu sprechen, an dem sie gestorben sind; über die Umstände ihres Todes. Fälle, in denen sie ihre Eltern zu dem Haus führten, in dem sie in ihrem früheren Leben gewohnt hatten und dort ihre eigenen Kinder wiedererkannten, die seltsamerweise älter waren als sie selbst.

Nicht alle teilen den Glauben an die Seelenwanderung

Einigen dieser Kinder und Jugendlichen ist Golbol während seiner Arbeit in Antakya begegnet. Davon schwärmt der Regisseur noch heute: »Das war Gänsehaut pur! Da war meine Skepsis mit einem Mal wie weggeblasen: Plötzlich stand ich diesem besonderen Menschen gegenüber und es passte einfach nicht zusammen. Ich sah in erwachsene Augen, führte erwachsene Gespräche und hatte doch nur einen neunjährigen Jungen vor mir.« Taqammus heißt diese besondere Form von Reinkarnation im Arabischen, bei der sich die Wiedergeborenen an ihr früheres Leben erinnern können und damit vor der schwierigen Aufgabe stehen, zwei Leben, zwei unterschiedliche Identitäten miteinander vereinen zu müssen.

Bei den türkischen Aleviten ist das Phänomen der Reinkarnation fest in der Glaubensstruktur verankert. Doch nirgendwo sonst in der Türkei ist die Zahl der Fälle derart hoch wie in Antakya, am südlichsten Zipfel des Landes an der Grenze zu Syrien. In seinem Film bietet Servet Golbol eine eigene Erklärung dafür: In Antakya hätte der Regisseur ein besonderes, tolerantes Klima beobachtet, dass es den Wiedergeborenen erlaubt, trotz ihres »Andersseins« normal aufzuwachsen und zu leben. »Wiedergeboren zu werden ist nicht der Himmel auf Erden, das muss man ganz klar sagen. Niemand freut sich darüber, einen Wiedergeborenen in der Familie zu haben, der die Tragödie eines alten Lebens in sein Neues mit hinein nimmt. In Antakya sagt man deshalb aber nicht, unser Kind ist geistesgestört, sondern man akzeptiert sein Schicksal und findet sich damit ab. Das ist diese besondere tolerante Umwelt, die ich in Antakya gefunden habe«, erklärt Golbol.

Tatsächlich ist die Stadt, die im Altertum Antiochia hieß, für ihre tolerante Religionsgemeinschaft bekannt: Hier leben Muslime, Christen, Aleviten und Juden aber auch verschiedene Volksgruppen wie Türken, Araber, Kurden und Armenier seit Jahrhunderten friedlich nebeneinander. Nicht alle von ihnen teilen den Glauben an die Seelenwanderung, was besonders in einer Szene des Films deutlich wird, in der die religiösen Oberhäupter der Stadt - je ein Vertreter der orthodoxen Christen, der Sunniten, der Aleviten und des Judentums -, beim gemeinsamen Abendessen unterschiedliche Meinungen zum Thema Reinkarnation diskutieren. Der Austausch über Glaubensfragen jedoch verdeutlicht, welch wichtige Nebenrolle Antakya bei der ganzen Sache spielt - als friedlicher, fast schon magisch anmutender Ort, in dem Toleranz das Alltagsleben bestimmt und jene Kinder so akzeptiert werden, wie sie sind.

Auch Servet Golbol ist in Antakya geboren. Hier liegen seine Wurzeln, und damit auch ein wesentlicher Teil seiner Identität. Als Kind war er in den 1970er Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland ausgewandert. 1986 hatte er seine Geburtsstadt zum letzten Mal zu Gesicht bekommen. Geschichten über seine Verwandten gab es fortan nur noch aus zweiter Hand. Die Erinnerungen an sie waren zwanzig Jahre lang das, was den »türkischen Teil« seiner Identität ausgemacht hat........




hier geht`s weiter

Ab 8.11.2009 im deutschen Kino:
www.impalafilm.de
Ich habe keine Macken! Das sind Special Effects !!!


There are no comments for this topic. Do you want to be the first?