Der Urlaub geht, die Reklamationen kommenMünchen - Die Urlaubs-Sommersaison neigt sich dem Ende zu - und in den Reklamationsabteilungen der Reiseveranstalter geht die Arbeit jetzt erst so richtig los. Hinterhof statt Meerblick, ausgefallene Klimaanlage, Baulärm im Hotel, vergammelte Poolanlage: Wollen sich enttäuschte Pauschalurlauber über Reise-Ärger beschweren, müssen sie das innerhalb von vier Wochen nach Rückkehr tun, wie Markus Saller, Jurist der Verbraucherzentrale Bayern, betont. Schriftlich, am besten per Einschreiben. Sonst verfallen mögliche Ansprüche auf Preisminderung.
Neben klassischen Aufregerthemen rund ums Quartier sind in diesem Jahr verstärkt Beschwerden über Umweltbeeinträchtigungen am Urlaubsort dabei, weiß Beate Wagner von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Griechenland-Urlauber wollen Geld zurück, weil sie wegen der Waldbrände antike Stätten nicht besichtigen konnten. Türkei-Reisende stellen Forderungen, weil die brütende Hitze die Stromversorgung lahm legte. Mexiko-Reisende beschweren sich, dass sie wegen des Hurrikans im Hotel festsaßen.Grundsätzlich stehen die Chancen, dass Pauschalreisende für einen nachweislich misslungenen Urlaub entschädigt werden, gar nicht schlecht: Ist der Veranstalter kulant oder erkennt er die Reklamation als berechtigt an, schickt er der unzufriedenen Kundschaft gern einen Gutschein als Friedensangebot.
So gut wie keine Aussicht auf Erfolg hat jedoch, wer eine Reisepreisminderung aufgrund höherer Gewalt verlangt, etwa nach Waldbränden. «Da fahren die Veranstalter gerade eine harte Linie», hat Saller festgestellt.«Ein Urlauber kann nur dann Ansprüche geltend machen, wenn der Veranstalter versprochene Leistungen nicht erfüllt hat», betont Kay Rodegra, Anwalt und Dozent für Reiserecht an der Universität Trier. Für anderes kann er nicht verantwortlich gemacht werden. So braucht niemand auf eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude zu pochen, wenn Kilometer entfernt der Wald in Flammen stand, die eigene Hotelanlage aber gar nicht betroffen war oder wenn ein separat gebuchter Ausflug ausfiel, der gar nicht zum festen Programm gehörte.
Lief die Reise deutlich schlechter als vom Veranstalter im Katalog oder im Internet beschrieben, darf der Pauschaltourist nach der Rückkehr sehr wohl Ansprüche anmelden. Beispiel: Der Urlauber landete in einem Hotel, das er gar nicht gebucht hatte. Und das nichts mit dem gebuchten Standard zu tun hat. Eine Chance, wenigstens einen Teil des Reisepreises zurückzubekommen, hat aber nur der Tourist, der seinem Veranstalter oder Vertreter vor Ort schon die Möglichkeit gab, für Abhilfe zusorgen. Wer sich erst im Nachklapp daheim beschwert, beißt beim Veranstalter auf Granit, wie Markus Saller erklärt.
Zersplitterte Reiserechtssprechung Das schnelle Reklamieren von Mängeln noch am Ferienort sollte man belegen können. Wer Beweisfotos oder die Unterschrift von Mitreisenden oder des Reiseleiters unter ein Mängelprotokoll gesichert hat, lag richtig. Wieder zu Hause, muss die Forderung auf eine angemessene Reisepreisminderung dann im Brief an den Veranstalter deutlich formuliert werden. Feste Summen sollten allerdings nicht vorgegeben werden, rät die Stiftung Warentest. Bietet der Veranstalter dann zu wenig oder gar nichts an, können sich Betroffene bei den Verbraucherzentralen oder beim Anwalt über mögliche weitere Schritte beraten lassen.
Prozessfreudige Verbraucher sollten jedoch immer bedenken, dass höchstrichterliche Entscheidungen im Reiserecht fehlen. Urteile in ähnlich gelagerten Fällen können von Gericht zu Gericht völlig unterschiedlich ausfallen. Nicht alle Richter orientieren sich an der sogenannten Frankfurter Tabelle. In dieser Auflistung sind typische Reisemängel sowie die Bandbreite möglicher Preisnachlässe zusammengestellt.
