Niederländische Fluglinien verschärfen Kontrollen. Aber auch in deutschen Fliegern wird auf ansteckende Krankheiten geachtet
Für Tom und Zara begann der Urlaub in diesem Sommer ganz anders, als sie dachten. Die beiden Kinder saßen mit ihrer Mutter schon in der Boeing 737, die sie vom Amsterdamer Airport Schiphol aus in die Ferien nach Südfrankreich fliegen sollte, als der Chefsteward die roten Flecken im Gesicht des vierjährigen Tom entdeckte.
Er fragte die Mutter, was mit Tom los sei. Die war ehrlich und antwortete: "Tom hat die Windpocken.†Da es sich um eine äußerst ansteckende Krankheit handelte, mit der Tom vor allem andere mitfliegende Kinder hätte infizieren können, mussten Tom und Zara samt ihrer Mutter das Flugzeug sofort wieder verlassen. Sie durften nicht zu ihrem Vater nach Südfrankreich fliegen, der dort im Urlaubsdomizil bereits auf sie wartete.
So wie Tom, Zara und ihrer Mutter könnte es bald vielen Flugpassagieren ergehen, wenn sie von Amsterdam aus in den Urlaub starten wollen. Denn alle drei niederländischen Fluglinien, die KLM, Transavia und Martinair, achten derzeit penibel darauf, dass keine Passagiere mit ansteckenden Krankheiten an Bord sind. "Das sind wir den anderen Passagieren schuldig. Wenn jemand nicht mit einer ärztlichen Erklärung beweisen kann, dass er trotz einer sichtlichen Erkrankung andere Passagiere nicht anstecken kann, dann können wir diesen Passagier nicht befördernâ€, sagt Christina van Rooij von der Charterfluggesellschaft Transavia.
Geschultes Bodenpersonal
Mit den Charterlinien Transavia und Martinair jetten derzeit Hunderttausende von Niederländern, aber auch viele Deutsche aus den nahen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in den Urlaub.
Auch an deutschen Flughäfen hätten Tom und Zara Probleme mit der Abreise bekommen: "Wir haben unser Bodenpersonal dafür geschult, auf mögliche infektiöse Krankheiten bei Passagieren zu achtenâ€, sagt Diane Daedelow, Sprecherin von Air Berlin. Gerade bei Krankheiten wie Windpocken, die äußerlich gut sichtbar sind, seien die Mitarbeiter angehalten, den Gast anzusprechen. Auch bei der Lufthansa sind die Mitarbeiter spätestens seit dem Auftreten der ersten Schweinegrippefälle für ansteckende Krankheiten sensibilisiert.
Ist ein Passagier wirklich krank, entscheidet letztlich der Pilot, ob er den Gast mitnimmt. "Er ist für die Sicherheit aller Fluggäste an Bord verantwortlichâ€, so Daedelow.
Was ist aber, wenn - wieder Beispiel Windpocken - die Krankheit zwar nicht mehr infektiös ist, aber doch noch Symptome sichtbar sind? "Das sollte man sich am besten von einem Arzt bescheinigen lassenâ€, rät Daedelow. Ein solches Attest stellt notfalls auch ein medizinischer Dienst am Flughafen aus. Hat man diese Bescheinigung nicht, bleibt der mögliche Kranke erst mal am Boden - kann er jedoch im Anschluss nachweisen, dass er gar nicht krank war, bekommt er häufig den Flugpreis erstattet. "Das ist bei uns eine Kulanzfrageâ€, so Daedelow.
Eine feste Regel, in welchen Fällen Fluggäste nicht mitgenommen werden dürfen, gibt es laut der Sprecherin bei Air Berlin nicht. Es müsse stets die Sicherheit der Mitreisenden gewährleistet sein, so die Faustregel. Empfehlungen gibt die Fluggesellschaft vor allem den Passagieren selbst: Wer einen Herzinfarkt erlitten hat, sollte acht Wochen lang nicht fliegen, nach Operationen im Brust- oder Bauchbereich sind sechs Wochen Wartezeit ratsam. "Natürlich muss bei uns niemand seine Krankenakte offenlegenâ€, sagt Daedelow. Schon im eigenen Interesse sollten sich Passagiere aber gut überlegen, ob sie den Flug antreten können.
Quelle: derwesten.de