«Mama, mir ist schlecht», tönt es vom Rücksitz. Jetzt ist Eile angesagt - schnell auf den nächsten Parkplatz. Die meisten Eltern kennen solche Situationen. Immerhin quälen sich vor allem Kinder zwischen dem zweiten und zwölften Lebensjahr mit der Reisekrankheit. «Etwa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung sind besonders betroffen. Aber bis zu 85 Prozent können unter widrigen Voraussetzungen auch mal unter Reisekrankheit leiden», sagt Ulrich Klinsing, Vorsitzender des Deutschen Fachverbandes Reisemedizin in Düsseldorf.
Reisekrankheit, in der Fachsprache Kinetose genannt, kann bei längeren Fahrten im Auto, im Bus oder im Zug, aber auch bei Schiffsreisen und sogar im Flugzeug auftreten. Die Ursache ist immer dieselbe: Das Gehirn erhält widersprüchliche Informationen. «Im Wesentlichen werden über drei Kanäle Signale an das Gehirn geleitet: über die Augen, über das Gleichgewichtssystem im Innenohr und über taktile Sinnesorgane in Muskeln und Sehnen», erklärt Prof. Michael Strupp, Schwindelexperte von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Berlin. «Wenn das Gehirn diese Botschaften nicht ein Einklang bringen kann, ist das der Auslöser für die Kinetose.»
Ein Beispiel: Ein Beifahrer im Auto schaut auf die Karte und liest. Die Augen melden «Stabilität». Die taktilen Sinnesorgane und das Gleichgewichtssystem hingegen melden «Bewegung». Diese Widersprüche führen zu Unruhe im Gehirn, auch das vegetative Nervensystem, das unbewusst unsere Organe steuert, reagiert verwirrt.
«Die Symptome reichen von Unwohlsein, kaltem Schweiß oder Hitze, verstärktem Gähnen, Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufbeschwerden und Übelkeit bis hin zum Erbrechen und sogar Depressionen», zählt Reisemediziner Klinsing auf. Im Akutfall hilft nur eins: Möglichst auf die ersten Anzeichen reagieren, eine ausgiebige Pause einlegen, für frische Luft und Bewegung sorgen. Bis das Unwohlsein abgeklungen ist, kann es manchmal mehrere Stunden dauern.
Damit es so weit gar nicht erst kommt, ist Vorbeugen angesagt. «Schon am Abend vor der Abfahrt sollte man nur noch leichte Kost zu sich nehmen», empfiehlt Ursula Sellerberg, Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin. «Auch während der Reise sind fett- und ballaststoffreiche Mahlzeiten genau wie Durcheinanderessen tabu.»
Dann gilt es, dafür zu sorgen, dass das Gehirn möglichst stimmige Informationen erhält. «Wer für Reisekrankheit anfällig ist, sollte möglichst ständig aus dem Fenster schauen und den Horizont suchen», rät Klinsing. Regelmäßige Pausen sind ein Muss. «Außerdem sollte immer gut gelüftet werden», ergänzt Sellerberg. Intensive Gerüche - nach Benzin, Essen oder auch Toiletten - können die Übelkeit beschleunigen. Beifahrer dürfen gerne schlafen. Vor allem mit Kindern sind Nachtfahrten eine Überlegung wert. Länger andauernde Kurvenfahrten lassen sich möglicherweise durch eine andere Route vermeiden.
Bei besonders empfindlichen Reisenden sind vorbeugende Medikamente das beste Mittel. «Es gibt rezeptfreie Kaugummis, Tabletten und Zäpfchen, die sehr schnell wirken», erläutert Sellerberg. Ihre Inhaltsstoffe wirken auf die Brechreizrezeptoren im Gehirn. Auch hoch dosierter Ingwer kann den Brechreiz lindern. Daneben gibt es beispielsweise verschreibungspflichtige Pflaster mit dem Wirkstoff Scopolamin. Sie müssen mehrere Stunden vor Reiseantritt hinter dem Ohr aufgeklebt werden und eignen sich gut für mehrtägige Reisen.
Der günstigste Sitzplatz
Im Auto: Der empfindlichste Reisende gehört auf den vorderen Beifahrersitz.
Im Zug: Ideal ist ein Fensterplatz in Fahrtrichtung.
Im Bus: Je weiter vorne umso besser. Der Sitzplatz sollte nicht über einer Achse liegen und freie Sicht durch die Frontscheibe erlauben.
Im Flugzeug: Die ruhigsten Plätze sind am Mittelgang oder über den Tragflächen.
Auf dem Schiff: Am besten ist eine Kabine in der Mitte des Schiffes unmittelbar über dem Wasserspiegel.
Quelle : SZ
Habt Ihr in der Familie oder vielleicht Ihr selbst schon darunter gelitten?? :-\
Mein Neffe hat sich früher im Flieger und auch im Bus regelmässig die Seele aus dem Leib

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