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Autor Thema: Geheimtipp Bafasee – Ein Bootstrip im Paradies  (Gelesen 7584 mal)

14 Antworten am Geheimtipp Bafasee – Ein Bootstrip im Paradies
am: 24. Februar 2011, 07:25:02

Offline TC Melanie

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Natur- und Kulturoase am Latmos-Gebirge

"Ah! Kaptan!", ruft fröhlich die türkische Gastwirtin in bunten Pluderhosen. Sie hat die Lösung des Scharade-Rätsels, der ulkigen Verrenkungen, die wir gerade aufgeführt haben. Sprachbarrieren? Mit Händen und Füßen kommt man in der Türkei immer weiter!

"Kaptan" bedeutet "Kapitän" und genau diesen Mann brauchen mein Freund und ich für einen Bootsausflug auf dem Bafasee.

Von unserem Boutiquehotel Marina Vista in Bodrum-Stadt auf der gleichnamigen Halbinsel an der Türkischen Ägäis haben wir uns heute Morgen mit dem Mietwagen Richtung Bafasee aufgemacht. Rund eineinhalb Stunden braucht man für die Strecke bei gemütlicher Fahrt. Es geht vorbei an Milas - dem antiken Mylasa - und der antiken Stätte Euromos mit dem hervorragend erhaltenen Zeus-Tempel. Direkt hinter dem Ort Selimiye zweigt eine kleine Straße Richtung Bafa Gölü ab. Alte Olivenhaine, Obstbäume, Felder und Blumenwiesen, auf denen Schafe weiden, säumen den Weg. Dieser führt direkt ans Ostufer nach Herakleia. Einst eine der wichtigsten antiken Städte des Königreichs Karien, ist der Ort heute ein verschlafenes Nest. Von Massentourismus keine Spur; am Ufer genau zwei Restaurants, getrennt durch einen Feldweg, auf dem ein Junge gerade eine Kuhherde entlang treibt. Das Auto haben wir direkt am Wasser, neben dem "Selena Restaurant" geparkt. Auf so einem großen See muss man doch einen Bootstrip unternehmen können, war unser Gedanke. Mit diesem Ziel vor Augen haben wir deshalb direkt einmal im "Selena" nachgefragt.

Schnell greift die Wirtin zum Telefon. Sogleich setzt sich ein Fischerbötchen vom gegenüberliegenden Ufer in Bewegung. Bis das Boot da ist, machen wir es uns auf der Terrasse des Restaurants, am kleinen Strand des Sees, bei einem starken Çay im Schatten gemütlich. Was für ein sensationeller Ausblick: Rechts von uns, entlang des Nordufers erstreckt sich imposant das Latmos-Gebirge - wegen seiner eigenartigen Form auch Fünffingergebirge genannt. Die vom Wasser rundlich gewaschenen Felsen am Fuße des Gebirges stapeln sich wie zu einem überdimensional großen Geröllhaufen, einem ganz eigenartigen Gebilde, aufeinander. Direkt am Seeufer erkennen wir Sümpfe mit Strauch-, Schilf- und nie zuvor gesehenen Wasserpflanzen. Der Blick nach Westen offenbart eine für die Augen beruhigende Weite: Von Ost nach West erstreckt sich der See über eine Länge von 15 km; 6 km ist er breit. Schön ist es hier: Die Ruhe, das Wasser, die Felsen, die historischen Ruinen, die in regelmäßigen Abständen am Ufer und auf den Hügeln dahinter hervorgucken…

Zeit bleibt auch noch für das Fotoalbum, das uns die Wirtin stolz herüber reicht. Deutsche Vogelkundler haben hier in der vergangenen Saison für Studien und Fotoaufnahmen einige Wochen Station gemacht und als Dankeschön für die Gastfreundschaft und das viele gute Essen das Album dagelassen. Über 250 Vogelarten, darunter sehr seltene, sind hier bislang gezählt worden. Vom Bienenfresser bis zum Seidenreiher: Alles da! Eine Enzyklopädie der Tierwelt rund um den See. Der Bafasee ist ein einzigartiges Naturreservat - das ist auch ohne Fotodokumentation sofort klar! Wir sind begeistert!

Dann legt das Boot an, ein kurzes "Merhaba! Wolfgang - Hassan, Hassan - Verena", wir steigen ein und legen ab. Das kleine, türkis gestrichene Boot, fegt nur so über die Wellen hinweg. Wohl mehr beabsichtigt als zufällig spritzt uns das Wasser von allen Seiten nass, wenn Hassan das Boot längs zu den Wellen navigiert. Wir genießen die Erfrischung, die Seeluft, den Fahrtwind, das Wellenreiten, und die Landschaft in vollen Zügen. Vier Inseln liegen im Bafasee, auf denen sich Klosterruinen und Überreste früherer Siedlungen mit zum Teil gut erhaltenen Wandmalereien befinden. Aus unserem Reiseführer erfahren wir: Diese historischen Zeugnisse stammen aus der byzantinischen Epoche (7. bis 13. Jh. n. Chr.), in der das Christentum sich in der Region verbreitete und Herakleia eine zweite Blütezeit erlebte. Den Aufstieg der Stadt besiegelte früh König Mausolos, der Karien im 3. Jh. v. Chr. regierte. Für ihn war Herakleia zur Grenzbefestigung seines Reichs strategisch außerordentlich wichtig. Seinerzeit war der Bafa Gölü noch mit dem Mittelmeer verbunden. Im einstigen Latmischen Meerbusen blühte der Handel. Durch die Verlandung des Flusses Mäanders im Westen wurde die Bucht jedoch vom Meer abgeschnitten - es entstand der heutige Binnensee.

Hassan steuert gezielt eine Sandbank an, die die Ikizce-Insel mit dem Ufer verbindet. Dort halten wir. Ohne Worte, sondern mit Schwimmbewegungen fordert er uns auf, den Stopp für eine Badepause zu nutzen. Ich bin sofort dabei. Wolfgang will lieber ein wenig die Insel erkunden - dort ziehen ihn eine byzantinische Klosterruine und ein attischer Tempel magisch an. Ab in die kalten Fluten! Wirklich toll, das Bad im See vor historischer und Natur-Kulisse. Hassan gönnt sich eine Zigarette, zwinkert mir zu und ruft: "Çok güzel, he?". "Ja, herrlich!" rufe ich zurück.
Viel zu schnell geht es danach zurück nach Herakleia - ich könnte hier ewig bleiben. Nach der herzlichen Verabschiedung am Ufer beschließen wir, im zweiten Restaurant des Ortes, der "Pension Kaya", einen einfachen Lunch einzunehmen. Bei schmackhaftem Salat, Kuchenbrot, gebratenen Hähnchenkeulen und einem kühlen Efes-Bier lassen wir unseren Ausflug ausklingen. Als wir zahlen, treffen wir Hassan. Er hält gemütlich Siesta bei einem Schwätzchen und einem Glas Rakı. Richtig heimisch fühlen wir uns schon in diesem Paradies und sind uns einer Sache gewiss: Wir kommen wieder!

Quelle
Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen, und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lässt.

Im Leben geht es nicht darum zu warten, bis das Unwetter vorbei zieht, sondern zu lernen im Regen zu tanzen!

Antwort #1
am: 26. Juli 2011, 07:46:32

Offline TC Melanie

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In einem stillen Dorf am Bafa-See kann der Gast den türkischen Frühling genießen. Eine Wanderreise zu Flamingos und Orchideen.

Der stämmige junge Mann vor mir erstarrt mitten in der Gehbewegung und legt den Finger an die Lippen. »Wild pig!«, flüstert er. »Wildschwein, hörst du es schnaufen?« – »Nein!«, flüstere ich zurück. »So!«, sagt er leise und schnaubt demonstrativ – immer bemüht, dem Fremden »aus Europa« (wie er sagt) seine türkische Heimat recht dramatisch zu veranschaulichen. Der junge Mann heißt Mithat Serçin, er ist mein Wanderführer am Bafa-See. Im März stehen die Wege am Ufer nach den Winterregen noch unter Wasser. Deshalb plagen wir uns weiter oben durch die Macchia. Zuletzt folgten wir steil aufwärts einer Art Pfad, der mir lieber war als gar keiner, Mithat aber aus zwei Gründen misstrauisch machte: Die Route führte tief ins dornige Gestrüpp, stellenweise kamen wir nur auf allen vieren durch. Außerdem lagen immer wieder beachtliche Haufen von Dings – wie nennt das der Waidmann? –, von Dung, Losung, Exkrementen auf der Wegspur. Also ein Wildwechsel? Ich hatte gelesen, es gebe Bären in der Gegend. Droben im wilden Latmos-Gebirge, so hieß es, platzierten die Bergbauern die Bienenkästen für ihren berühmten Honig wegen der Bären auf hohe Felsen. Aber hier unten, nahe dem See, den Dörfern und Feldern und Olivengärten? Wir kehren um. Die Begegnung mit einer womöglich erzürnten einheimischen Wildsau will der Wanderführer mir nicht zumuten. Schade. Wenn da wirklich eine war, hätte ich ganz gern einen Blick riskiert. »Allein wäre ich weitergegangen«, sagt Mithat später. Es scheint ihm wichtig, das klarzustellen.

Mithat Serçin ist 25 Jahre alt, er lässt sich gerade einen schwarzen Vollbart stehen und sieht mit seinem fleischigen Gesicht und den melancholischen Augen aus wie Bud Spencers Enkel. Er ist am Bafa-See aufgewachsen, im Dorf Kapikiri, wo sein Vater ein Gasthaus betreibt; dort sind wir heute früh losgegangen. Gegen elf Uhr, nach dem Wildschwein-Dramolett, rasten wir auf einem Felsblock mit schönem Blick über den See. Der Bafa Gölü, 180 Kilometer südlich von Izmir, ist 15 Kilometer lang und knapp sechs Kilometer breit, nierenförmig streckt er sich vom Flachland im Westen bis zum Latmos-Gebirge im Osten. Einst war dieser See eine Meeresbucht. An ihrem Ostende lag die bedeutende Hafenstadt Herakleia – das heutige Bauerndorf Kapikiri. Allmählich verlandete die Bucht, in die der träge Fluss Mäander mündete, und wurde im 4. Jahrhundert zum Binnensee. Wir sitzen über dem Südufer. Der Himmel ist wolkenlos, die Frühlingssonne wärmt uns im Rücken, ohne zu stechen. Unter uns, wo die Macchia in Kulturland übergeht, leuchten sattgrün die Wiesen, von blühenden Obstbäumen weiß gesprenkelt. Auf einer nahen Halbinsel erhebt sich ein wuchtiger alter Festungsturm. »Byzantinisch«, sagt Mithat. Das Nordufer gegenüber sieht steinig aus und ist unbebaut. Links von uns, in Richtung Meer, scheint der See mit dem flachen Horizont zu verschwimmen, und wenn wir übers tiefblaue Wasser des Bafa Gölü nach rechts schauen, erkennen wir gerade noch, direkt am Fuß der braungrauen Bergkette, die dort steil aus dem See steigt, den dünnen weißen Strich des Minaretts von Kapikiri.

Hübscher Dorfname, Kapikiri! Lässt an Hahnenschrei denken, hört sich gesprochen aber ganz anders an. Im Türkischen gibt es den Buchstaben i in zwei Formen, mit Punkt und ohne. Das i mit Punkt wird lang gesprochen, das ohne wird verschluckt. Der Ortsname hat den Punkt nur auf dem ersten i; aus Mithats Mund klingt er wie »Kapíkr«. Am ganzen großen Bafa-See gibt es nicht mehr als vier kleine Dörfer. Kapikiri, 380 Einwohner, ist das einzige mit ein bisschen Tourismus, nur neun Kilometer abseits der Durchgangsstraße von Izmir nach Bodrum, gar nicht weit vom All-inclusive-Strandtourismus des türkischen Mittelmeers – und doch Welten davon entfernt. Bauernhäuschen reihen sich entlang einer steilen Dorfstraße, am oberen Ende liegt ein kleiner Platz mit der Moschee, zwei Teehäusern und zwei winzigen Lebensmittelläden, dazu übers Dorf verteilt eine Handvoll »Pansiyon« genannte Unterkünfte, in denen übers Jahr nicht mehr als ein paar Hundert Touristen absteigen. Das ist Kapikiri.

Am ersten Morgen weckten mich Hahnenschrei (siehe oben) und Esel-Iah. Aus dem rückwärtigen Badfenster meiner Pansiyon schaute ich direkt in die schönen Augen einer schmalen braunen Kuh, die vor dem angrenzenden Stall ihr Kälbchen in der Morgensonne leckte. Die Kuh brummte mütterlich, das Kälbchen wirkte hochzufrieden, eine fast kugelrunde Bäuerin in bunten Pluderhosen legte Grünzeug hin, und seither, glaube ich, ist ein erfreutes Dauerlächeln im bukolischen Kapikiri nicht mehr von mir gewichen.

Das Wasser im See ist glasklar. »Du kannst es trinken«, sagt Ümit

In Mithats Hose quakt jetzt ein Frosch. Wir sitzen immer noch auf dem Felsblock. Mithat greift in die Schenkeltasche, holt sein Handy heraus und grinst kurz zu mir herüber, als wolle er sagen: Da schaust du, Froschquaken als Klingelton! Sein Freund Ümit ist dran. Ümit soll uns später mit seinem Fischerkahn aufnehmen und über den See zurück nach Kapikiri bringen, aber bis dahin haben wir noch etliche Kilometer zu Fuß vor uns. Wir gehen weiter nach Westen und halten uns abwärts. Ich finde eine Stachelschweinborste im Gebüsch, halb schwarz, halb weiß, extrem spitz und 20 Zentimeter lang. Es ist gar nicht einfach, sie im Rucksack zu verstauen. Nachdem die Macchia hinter uns liegt, kommen wir auf Feldwegen gut voran. Anemonen und Margeriten bilden weiße Teppiche unter den Olivenbäumen, dunkelrote Blumen (Mohn?) setzen Tupfer hinein. Bienlein summen, Schwälblein zwitschern, lind geht die Luft – türkisch Frühlüng, ja, du büst’s! Manchmal schaut Mithat allerdings finster zu Boden und schimpft. Orchideenräuber! Sie graben um diese Zeit die Zwiebeln aus, die zu einem regionalen Traditionsgetränk vergoren werden. Mithat schließt sorgfältig die offenen Stellen in der Grasnarbe. Ein Dutzend Arten wilder Orchideen blüht zwischen März und Mai am Bafa Gölü, sieben von ihnen kann Mithat mir während unserer Wanderung zeigen. Er ist stolz und kennt ihre Namen, ich bin botanisch ahnungslos und überrascht, wie unprätentiös diese zierlichen Pflanzen sind. Eine öffnet in ihrer lila Blüte ein schwarz-weißes Mäulchen, eine andere trägt rote Bommelchen, alle wachsen versteckt. Ich kannte Orchideen bisher nur als eitle Solistinnen im Blumenladen, groß und knallig gezüchtet.

Von hinten nähert sich Getrappel, ein Reiter überholt uns. Es ist ein weißhaariger Mann mit Schirmkappe und abgewetztem grauem Anzug, er sitzt auf einem Sattel aus Holz und Säcken, Zügel und Steigbügel bestehen aus groben Seilen. Das Pferd ist ein kleiner, stämmiger, hübsch gelockter Schimmel, Ross und Reiter wirken ausgesprochen gut gelaunt. Bauer Abdullah Özdan, 72, ist unterwegs zu seinen Oliven, er will Triebe von gesunden alten Bäumen auf junge wild gewachsene pfropfen, oder war das umgekehrt? Mithat geht neben dem Schimmel her, redet und lacht mit dem Bauern, den er höflich »Effendi« nennt. Ab und zu übersetzt er für mich nach hinten: Eine Tochter von Herrn Özdan ist in London verheiratet, aber er selbst war dort noch nie im Leben, »natürlich nicht«. Der Hintern vom Schimmel, denke ich, ist nicht so ganz schimmelweiß, eher so ’n bisschen mistbraun. Aber dafür, Herr Özdan, ist Ihr Sakkorücken auch schön voll weißer Pferdehaare. Dann trappeln sie davon. »Es ist eine Stute«, sagt Mithat, »zwölf Jahre alt. Ich hab ihn gefragt, ob er sie verkauft.« Und? »Niemals. Aber die Frage hat ihn sehr gefreut.«

Der ganze Bafa-See und das Bauernland an seinen Ufern gehörten noch vor 35 Jahren zum Privatbesitz eines mächtigen türkischen Grundherrn. »Mein Vater war bei den Linken, die dagegen gekämpft haben«, sagt Mithat – so lange, bis Ministerpräsident Ecevit 1977 dem Besitzer das Latifundium entwand. Am Westende des Sees, wo ihn ein mit Eukalyptusbäumen bestandener Damm zum Mäander-Delta hin abschließt, wo Flamingos im Seichten staksen und die Luft schon nach Meer schmeckt, dort hat Mithat Serçin mir vor zwei Tagen den Ort Serçin gezeigt. Einst halfen da Studenten den armen Pachtbauern, heute trinken am Dorfplatz müßige Männer Tee neben einem eleganten Schwarz-Weiß-Poster von Kemal Atatürk. Dessen schwungvoll kalligrafiertes Diktum übersetzt Mithat so: »Der Dörfler ist der Herr des Landes.« Jawoll. Gut so. Wir tranken Çay mit den Männern. Später aßen wir Kokoreç, gerösteten Schafdarm, unter Männern. Irgendwann fragte ich Mithat: »Warum seh ich nie Frauen in euren Lokalen?« Er schaute mich überrascht an: »Das geht nicht, auf dem Dorf.« Dann dachte er nach und sagte: »Die Frauen haben viel zu tun.«

Ganz schwach tönt jetzt von Osten Dieseltuckern übers Wasser – Freund Ümit naht mit dem Kahn. Altes Boot, alter Motor, junger Bootsmann. Ümit ist Mitte zwanzig, er hat scharf geschnittene Züge, braune Haut und kurze schwarze Haare, so dicht und glatt wie ein Maulwurfspelz. Gegen schneidenden Wind und schaumige Wellenkronen steuert er uns über den See bis zur kleinen »Vogelinsel« nah dem Nordufer, wo Hunderte Reiher, Kraniche, Kormorane aus ihren Nist- und Wohnbäumen auffliegen. Ümit stellt den Diesel ab und ankert 30 Meter vor der Insel. Die Vögel beruhigen sich schnell, als ob sie wüssten, dass niemand ihr Refugium betreten darf. Wir picknicken schaukelnd im Kahn. Ümits Mutter hat dem Sohn drei schmalzgebackene Fladen mitgegeben, sehr gut, mit körnigem Frischkäse und Lauchzwiebeln gefüllt, einen Fladen für jeden. Sein Vater, dem das Boot gehört, ist einer der Fischer von Kapikiri. Ümit hat Steuerwesen studiert, fand bisher keinen Job und erwägt nun, ein Teehaus aufzumachen. Ümit heißt auf Türkisch Hoffnung.

Im blendenden Licht des Nachmittags tuckern wir hinüber ans menschenleere, unbewohnte Nordufer des Bafa Gölü. Ümit lässt den Kahn auf einen flachen Strand laufen, der wie eine weiße Sichel zwischen mächtigen runden Granitfelsen liegt. Das Wasser ist glasklar. »Du kannst es trinken«, sagt Ümit. Es schmeckt leicht salzig aus der hohlen Hand. 15, 16 Grad, schätze ich, man könnte baden im März... Ich lasse mich in den warmen Muschelsand fallen. Ich denke: Perfekt, Schlafsack, Feuerchen, versteckte Idylle, The Beach. Auf der Bootsfahrt zurück in Richtung Dorf kommen wir an einem halben Dutzend solcher kleinen Buchten vorbei, eine schöner als die andere. Niemand ist zu sehen, nur zwei Schafhirten winken hoch über dem Ufer. Auch im Sommer, sagt Mithat, kommt fast nie jemand hierher.

Es geht auf fünf, als wir in Kapikiri vom Kahn springen. Von allen Seiten treiben Frauen in wadenlangen Pluderhosen und Männer mit Gummistiefeln ihre Kühe heim von den Weiden. Gemächlich ziehen die Tiere die Dorfstraße hinauf und lassen ihre Fladen platschen. Ein schlanker jüngerer Mann kommt uns entgegen und grüßt freundlich. Er ist bartlos, trägt einen hellblauen Pulli und eine getönte Brille. »Das ist Abdullah Idin, unser Imam«, stellt Mithat ihn vor. Der Imam spricht Englisch. Er kommt mit auf einen Çay in die Pansiyon Agora, wo Mithats Mutter warmen, weichen Kuchen hinstellt.

Zum Sonnenuntergang gehe ich hinauf in die Felsen und schaue übers Dorf. Kapikiri, »Kapíkr«, was macht dich so magisch? Ist es der See, der jetzt golden glänzt zu deinen Füßen, ist es der Berg in deinem Rücken, der Fünffingerberg voller Höhlen, voller Geschichten, von Göttern, Räubern und Nomaden? Ist es deine jahrtausendealte Siedlungsgeschichte mit den vielen sichtbaren Spuren? Hier lebten Steinzeitmenschen, erst 1994 wurden ihre Felsmalereien entdeckt. Hier bauten Hethiter, Karer, Griechen, Römer, Christenmönche. Aus allen Epochen stehen noch Mauern, Tore, Türme; da und dort im Dorf hängt Wäsche zwischen antiken Säulenstümpfen. Vielleicht ist das dein Genius Loci: der ebenso ungenierte wie unkommerzielle Umgang mit dem kulturellen Erbe, das Fehlen von Verbotstafeln, Absperrungen, Souvenirläden, wie sie der Massentourismus gebiert.

Zwei Landschildkröten tapsen aus dem Felsenschatten ins Abendlicht

Es raschelt im Gras. Zwei Landschildkröten tapsen aus dem Felsenschatten neben meinem stillen Sitzplatz. Dann nähert sich im letzten Licht eine Rätselgestalt von oben. Trägt eine unförmige Last auf dem Rücken, hat weißblondes Haar, Fusselbart, verpflasterte Finger. Hallo, wie geht’s? Riku aus Helsinki, 22 Jahre alt, ist zum Bouldern hier. Das ist bodennahes Klettern an Blöcken und Überhängen, das Trumm auf dem Rücken heißt crash pad, eine dicke, gefaltete Schaumstoffmatte für den häufigen Fall des Falles. Riku zeltet seit zwei Wochen im Garten der Pansiyon Karia für umgerechnet zwei Euro pro Tag. WC- und Duschbenutzung inklusive. Es sei fantastisch, sagt Riku, er stehe auf und habe vor dem Zelt forty problems – womit er Boulder meint, geeignete Felsblöcke. Der Finne hat in einem Internetforum für Kletterer von Kapikiri erfahren. Im Karia logiert außer ihm ein junger Türke, der an einem Kletterführer schreibt. Und, werden danach viele kommen? Riku hebt wortlos seine mageren Schultern. »Jedenfalls gut«, sagt er dann und grinst mich von der Seite an, »dass zu deiner Zeit die Hippies dieses Paradies nicht entdeckt haben.« Okay, Riku. Da hast du wohl recht.

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Antwort #2
am: 25. April 2012, 06:29:10

Offline TC Melanie

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einige impressionen rund um den bafasee! ein naturidyll sondersgleichen!
das dorf kapikiri welches auf der antiken stadt herakleia erbaut wurde ist im grunde ein einziger bauernhof!





























































wir wären gerne noch was länger geblieben und hätten uns gerne noch dies und jenes angeschaut, aber die penetranz der dorffrauen war so extrem, dass wir mehr oder weniger geflüchtet sind!
wer schon in kappa war und die damen vom soganlital kennt, weiss von was ich rede, im soganlital die damen waren dagegen allerdings echt waisenknaben!
schade drum!

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Antwort #3
am: 25. April 2012, 10:54:23

Offline Dea

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Da wir am Spätnachmittag unterwegs waren, lagen nur noch wenige Frauen auf der Lauer. Zwei ließen nach der ersten Ablehnung von uns ab, doch eine hat uns ziemlich lange verfolgt und bot sich ständig als Führer an, obwohl sie nur türkisch sprach. Erst nach einem harschen "hayir" wurden wir sie los. Dass die nicht merken, dass sie den Touristen nur auf den Geist gehen.  >:(

Antwort #4
am: 25. April 2012, 11:40:47

Offline TC Melanie

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und uns sind sie trotz des schimpfen meines tr. ehegesponses fast ins auto reingekrabbelt  bOEs
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Antwort #5
am: 25. April 2012, 11:48:49

Offline Floh

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wir wären gerne noch was länger geblieben und hätten uns gerne noch dies und jenes angeschaut, aber die penetranz der dorffrauen war so extrem, dass wir mehr oder weniger geflüchtet sind!

schade drum!




Schöne Bilder danke :) obwohl schon einige  Male dort gewesen ....  haben wir sooo viel vom Dorf nicht gesehen  :o:

Wir waren immer im Sommer am Bafasee ....aber solche Frauen sind uns noch nie begegnet ....  ob es den Frauen dann zu heiss ist  :tja:
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Anna-Maria 21.12.2001
Aylin          17.03.2015
Ilyas          25.01.2016
Malik         Sep./ Okt. 2018

Antwort #6
am: 25. April 2012, 12:36:09

Offline TC Melanie

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die waren überall, wie eine plage, sowas penetrantes habe ich noch nirgends vorher erlebt! ausser am wasser selbst, da waren keine!
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Antwort #7
am: 25. April 2012, 13:14:00

Offline Carlos

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Ob's wirklich an der Jahreszeit liegt!?

Wir waren im September dort und wurden überhaupt nicht belästigt. Bei unserem Spaziergang durchs Dorf saßen 2, 3 ältere Frauen vor dem Haus und versuchten etwas zu verkaufen. Sie haben aber ein Nein akzeptiert.

Antwort #8
am: 25. April 2012, 13:17:04

Offline TC Melanie

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kann sein, vielleicht waren sie "hungrig" nach dem langen winter! erst die damen mit den handarbeiten, dann mitten im durf die damen die sich als führer anboten, haste eine fast vom hals gehabt, kam die nächste - die abfuhr der anderen sehend - und macht es genauso wie die andere  :klatsch: etwas unaufdringlicher wäre man ja sogar vielleicht auf das angebot der führung eingegangen, denn ich bin sicher, keiner kennt dort die hecken und büsche besser als die dorfmädels da! aber sooo, man hat echt angst gekriegt!
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Antwort #9
am: 25. April 2012, 13:36:56

Kaefer

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Ja die Dorfmädels waren schon aufdringlich  :-X, als wir uns verfahren hatten kamen die aus allen Löcher  plaque

diese Olivenäume haben sicher schon etliche Jahre auf dem Buckel








Antwort #10
am: 26. April 2012, 06:48:06

nate

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So penetrante und aufdringliche Frauen haben wir auch vor vielen Jahren (es gab noch keine geteerte Straße da hoch) in Selge angetroffen. Kaum steuerten wir den Parkplatz an, standen sie schon Spalier. So etwas geht bei mir gar nicht. Wir haben dann gewendet und sind wieder bergabwärts gefahren. Die Fahrt hat sich trotzdem wegen der grandiosen Berglandchaft und dem anschließenden Forellenessen am Köprülü gelohnt. Da in Selge nur noch wenig gut erhaltenes aus der Antike zu bestaunen ist, haben wir es auch nicht bereut, nicht dort gewesen zu sein.

Antwort #11
am: 25. März 2013, 15:13:38

Offline Carlos

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>> So << sah der Bafa See Mitte März diesen Jahres aus!  :'(

Als wir 2010 dort waren war noch alles in Ordnung, zumindest hatte es den Anschein. 2011 wurde das erste mal über ein Umkippen des Sees berichtet. Jetzt ist er wohl wieder grün und schaumig ...

Antwort #12
am: 25. März 2013, 15:28:58

Offline Dea

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Auch 2012 Anfang April war das Wasser noch wunderbar.

Antwort #13
am: 25. März 2013, 16:06:49

Offline TC Melanie

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was hab ich im august gesagt?


vorbei an aydin und magnesium, didimya und milet kamen in sicht unterwegs die megamonsterjahredauernde baustelle am bafasee......begleitet von einem gestank nach keller und altem moder und schimmel, mal sehn wann der see demnächst kippt! in den tr. medien wurde in letzter zeit desöfteren von der problematik berichtet, aber dass man das im vorbeifahren schon riecht.....nicht gut!

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Antwort #14
am: 25. März 2013, 17:38:51

Offline Carlos

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Oh  :-\ dann war das letztes Jahr schon so!  o.O