Die Maschinen haben "keinen Kratzer": Nach Testflügen melden Fluggesellschaften Zweifel am Ausmaß des Flugverbots an. Air-Berlin und Lufthansa attackieren das Krisenmanagement der Regierung scharf. Die wehrt sich - und schließt weitere Sperrungen nicht aus.
Hamburg - Am Himmel herrscht Stille, am Boden rumort es - und zwar nicht nur, weil der isländische Gletscher- Vulkan Eyjafjallajökull weiterhin Asche in den Himmel spuckt. Inzwischen wird auch die Kritik am großräumigen Flugverbot über Europa immer lauter. Die Sperrung der Lufträume sorgt für Milliardenverluste - und einige Airlines zweifeln mittlerweile daran, ob die tausenden Flugausfälle seit Donnerstag wirklich notwendig waren. Es habe keine genauen Messdaten über die Aschekonzentration am Himmel gegeben, warfen sie Meteorologen und Vulkanologen vor.
In Deutschland gilt die Sperre des Luftraums derzeit bis Sonntagabend 20 Uhr. Die Deutsche Flugsicherung (DSF) schließt eine weitere Sperrung des deutschen Luftraums jedoch nicht aus. "Wir planen immer nur vorläufig", sagte eine Sprecherin am Sonntagmittag in Langen. Am späten Nachmittag sollte auf einer weiteren Sitzung über eine mögliche Verlängerung beraten werden. In den vergangenen Tagen waren die Verbote mehrfach um jeweils sechs Stunden verlängert worden. Die Flugsicherung hält nach eigenen Angaben Personal bereit, so dass der Flugverkehr nach dem Ende der Sperrung wegen der Vulkanasche aus Island sofort wieder aufgenommen werden kann.
In weiten Teilen Frankreichs, in Norditalien, Finnland, Dänemark, Tschechien, Österreich, Schweiz und Ungarn wurden Airports bereits bis Montag geschlossen. Spanien schloss am Sonntag elf Flughäfen, darunter Barcelona.
Joachim Hunold, Vorstandschef der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft, Air Berlin, kritisierte in der "Bild am Sonntag", in Deutschland sei noch nicht mal ein Wetterballon aufgestiegen, um zu messen, ob und wie viel Vulkanasche sich in der Luft befindet. Die Schließung des Luftraums sei ausschließlich aufgrund der Daten einer Computersimulation beim Vulcanic Ash Advisory Centre (VAAC) in London erfolgt.
Das VAAC verteidigte sich: Seine Vorhersage-Methoden seien sehr verlässlich und vielfach bewährt. Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) und die DFS erklärten, sie seien an verbindliche Vorgaben gebunden. "Wir müssen nach Sicherheit handeln, nicht nach Wirtschaftlichkeit", betonte eine DFS-Sprecherin.
http://www.spiegel.de/reise/deutschland/0,1518,689663,00.html